Duisburg Feine Farce der Feigheit

Duisburg · Als weiteren Höhepunkt der Festwochen "100 Jahre Theater Duisburg" gab es den modernen Schauspiel-Klassiker "Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch. Erfolgreiches Gastspiel des Staatstheaters Mainz.

 In der Mainzer Inszenierung von Marcus Mislin war das bekannte Stück von Max Frisch ein Fest für vorzügliche Schauspieler. Im Bild Karoline Reinke und Stefan Walz als Eisenring und Schmitz.

In der Mainzer Inszenierung von Marcus Mislin war das bekannte Stück von Max Frisch ein Fest für vorzügliche Schauspieler. Im Bild Karoline Reinke und Stefan Walz als Eisenring und Schmitz.

"Biedermann und die Brandstifter" ist ein moderner Schauspiel-Klassiker, bedeutete für seinen Autor Max Frisch bei der Uraufführung im März 1958 in Zürich den Bühnen-Durchbruch. Ein weiterer Höhepunkt der Festwochen "100 Jahre Theater Duisburg" war jetzt das erste und erfolgreiche Gastspiel des Staatstheaters Mainz in unserer Stadt.

Lehrstück ohne Lehre

Das "Lehrstück ohne Lehre" gilt als zeitlose Anklage von Feigheit, Verantwortungslosigkeit und Unbelehrbarkeit des Bürgertums schlechthin. Gottlieb Biedermann, ein betuchter Haarwasserfabrikant, wird vom Besuch eines scheinbar obdachlosen Mannes überrumpelt. Der Fremde, ein Ringer namens Schmitz, schafft es mit Schmeicheleien und sentimentalen Kindheitserinnerungen, den eigentlich durch Berichte über Brandstiftungen misstrauisch gewordenen Biedermann zu manipulieren: Obwohl der Fabrikant weiß, dass die Täter sich stets auf den Dachböden ihrer Opfer einquartieren, überlässt er Schmitz ausgerechnet den Speicher als Nachtlager. Als auch noch Schmitz' Freund Eisenring einzieht und die beiden eine Menge Benzinfässer auf dem Boden einzulagern beginnen, versucht der insgeheim geängstigte Fabrikant das Offensichtliche zu verdrängen und hofft, sein anbiederndes Verhalten möge ihn vor der Brandstiftung verschonen. Was natürlich nicht gelingt.

In Mainz fehlt der Chor, wie in Frischs früherer Hörspielfassung. Dafür gibt es hier jenen Epilog, den der Autor für die deutsche Erstaufführung im September 1958 in Frankfurt am Main schrieb, aber später wieder zurückzog: Biedermann und seine Frau Babette glauben sich im Himmel, schließlich haben sie sich immer an die Gebote gehalten ("Ich habe nie das Haus meines Nachbarn begehrt - und wenn doch, hab ich's gekauft"). Doch die drei anderen Figuren dieser Fünf-Personen-Fassung erweisen sich als Teufel.

Der Schweizer Regisseur Marcus Mislin (der in seinem früheren Leben als Schauspieler noch mit Frisch arbeitete), hat das Meisterwerk seines illustren Landsmanns in Mainz als feine Farce inszeniert. Da schaut man mit Vergnügen zu, auch wenn es eine schauerliche Geschichte ist. Das ist ein Fest für fünf vorzügliche Schauspieler: Georg Trakis als verklemmter Herr Biedermann, Verena Bukal als damenhafte Gattin Babette, der urkomische Lorenz Klee als Dienstmädchen Anna (!) und nicht zuletzt Stefan Walz und Karoline Reinke (!) mit eiskalter Präsenz als Schmitz und Eisenring.

(hod)
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