Duisburg Feiern wird zur Kunst

Duisburg · Im Baerler Übergangsheim für Flüchtlinge leben Menschen aus aller Welt, die schwere Schicksale zu tragen haben. Gestern feierten sie eine Party, und Foto-Künstler Horst Wackerbarth machte ihre Feier zum Kunstwerk.

Baerl Ali Haifaa stammt aus dem Irak, seit drei Monaten ist sie in Deutschland. Ihr Mann und einer ihrer Söhne sind in Bagdad getötet worden. Zwei weitere Söhne sind irgendwo in Belgien, in irgendeinem Heim – über das Rote Kreuz versucht sie, die beiden zu finden. Gerade jetzt trauert sie nicht, sie lächelt. Eben hat sie sich auf die "Rote Couch" von Fotokünstler Horst Wackerbarth gesetzt. Neben ihr tanzen junge Mädchen zu lautem orientalischen Pop, im Hintergrund toben Kinder. Eigentlich wollte Ali Haifaa nur in Ruhe etwas essen, jetzt ist sie – mit ihrer ganzen Geschichte – Teil eines Kunstwerkes.

Wackerbarth reist seit Jahrzehnten mit seiner "Roten Couch" durch die Welt und porträtiert darauf Menschen: "Ich bin Menschensammler von Beruf, ich mache mit der Couch eine Galerie der Menschheit", sagt er. Für "Ruhr 2010 – Kulturhauptstadt Europas" schafft er Werke in Duisburg und Duisburgs Partnerstädten in aller Welt unter dem Titel "Here & There", auf Deutsch: "Hier und Dort". Sein Thema ist Migration.

So auch jetzt beim Gartenfest im Baerler Übergangsheim für Flüchtlinge. "Das hier ist ein spannender Platz. Hier sind 20 Nationen versammelt", begründet Wackerbarth seine Ortswahl. "Ich habe gesagt, lasst uns 'ne Party machen, und das Sofa ist Teil einer Inszenierung, die eigentlich keine ist."

Die Leute feiern, er mache halt zwischendurch ein paar Fotos von dem, was sich entwickelt, erklärt er. Und die Party verselbstständigt sich schnell. Frauen haben auf dem roten Polster Platz genommen und trinken Kaffee. Der Himmel ist grau, Sprühregen durchfeuchtet die Wiese, die Stimmung ist sonnig.

Feiern unter Freunden

Wie Wackerbarth sagt: "Super." Oder, wie Ali Haifaa mit offenem Blick übersetzen lässt: "Hier fühle ich mich gut, hier fühle ich mich unter Freunden."

Wackerbarths Kunst zeigt Wirkung, noch bevor seine Fotos aus Baerl entwickelt sind. Couch und die Kamera stehen da und warten wie eine stumme Aufforderung: Setz dich! Und wer sich setzt, dessen Schicksal steht im Mittelpunkt, ohne jede weitere Rechtfertigung.

(RP)
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