Duisburg Fast vergessenes Meisterwerk wiederentdeckt

Duisburg · Das "studio-orchester duisburg" überzeugte mit einem exzellenten Konzert im Stadttheater.

Das "studio-orchester duisburg" wurde 1970 gegründet und ist längst ein fester Bestandteil des Duisburger Musiklebens. Seine Mitglieder arbeiten teils als freischaffende Musiker, Musikpädagogen oder professionelle Orchestermusiker, teils in ganz anderen Berufen. Allen gemeinsam ist die große Leidenschaft für die Musik und der Wunsch, dass die Konzerte des Orchesters mehr sein sollen als Routine, nämlich ein gemeinsames Erlebnis der Musizierenden und der Zuhörenden.

Jetzt war es im großen Saal im Theater wieder einmal so weit. Der junge Dirigent Thomas Jung hatte wieder ein attraktives Programm zusammengestellt. Es erklangen nur zwei jeweils rund halbstündige Werke, die es aber in sich hatten, ihre slawische Schwermut weitgehend hinter einer heiteren Fassade verbargen, mit vielen Melodien und virtuosen Raffinessen.

Das eine war jenes Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 2 c-Moll op. 77, in dem der Russe Dmitri Kabalewski 1964 so nahe wie selten an dem Ansatz seines Kollegen (und Wohnungsnachbars in der Komponistenkolonie) Dmitri Schostakowitsch war, an dessen Musikalisierung der ständigen Bedrohung, unter der die Künstler in der Sowjetunion standen. Hier wurde ein fast vergessenes Meisterwerk der klassischen Moderne wiederentdeckt. Vielleicht kann das Konzert dazu beitragen, diesen Komponisten wieder mehr Aufmerksamkeit im öffentlichen Konzertleben zu widmen. Höhepunkt ist der rasante Mittelsatz, ein sarkastisches Scherzo mit Saxophon, das immer wieder von brutalen Märschen unterbrochen wird. Das andere Werk nach der Pause war sehr viel bekannter, nämlich jene Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88, mit welcher der Tscheche Antonín Dvorák 1889 endgültig zu einem ganz eigenen Stil fand.

Der Solist im Cellokonzert war Bernhard Schwarz, von 1972 bis 2014 erster Solocellist der Neuen Philharmonie Westfalen. Er ließ den in dieser Musik enthaltenen Leidensdruck bewegend hörbar werden. Und das Orchester wuchs an diesem Abend über sich selbst hinaus, vor allem in den schnellen Girlanden insbesondere der Holzbläser. Sehr schön gelangen auch die Hell-Dunkel-Wirkungen, etwa im langsamen Satz der Sinfonie.

Das Publikum konnte sich am sonnigen Christi-Himmelfahrts-Feiertag über ein exzellentes Konzert freuen, das noch viel mehr Besucher verdient hätte.

(hod)
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