Angeklagte weint vor Gericht Fall "Pascha": Harte Strafe für Besitzerin von Rottweiler möglich

Duisburg · Weil auch eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung in Betracht kommt, hat die Vorsitzende Richterin den Fall an das Schöffengericht verwiesen. Die Angeklagte brach in Tränen aus und entschuldigte sich. Ihr Rottweiler hatte ein kleines Mädchen lebensgefährlich verletzt.

 Die beiden angeklagten Frauen Agnicszka G. und ihre ehemalige Mitbewohnerin Viktoria K..

Die beiden angeklagten Frauen Agnicszka G. und ihre ehemalige Mitbewohnerin Viktoria K..

Foto: Christoph Reichwein

Ob es ihr bewusst gewesen sei, dass niemand anders den Rottweiler Pascha ohne Maulkorb ausführen durfte, fragte die Vorsitzende Richterin Gabriele Oelze die Angeklagte. Agnicszka G. am Montag vor dem Duisburger Amtsgericht. "Ja, wusste ich", übersetzte ihr Dolmetscher aus dem Polnischen. Ob sie der Mitangeklagten gesagt habe, dass diese den Hund nur an der Leine und mit Maulkorb führen dürfe, wollte die Richterin weiter wissen. "Nein, habe ich nicht." Auch die Frage, ob Pascha schon früher Kinder angegriffen habe, verneinte die Angeklagte. Zuvor hatte der Staatsanwalt die Anklage im Fall "Pascha" verlesen: Die Hundehalterin Agnicszka

G. (30) und ihre ehemalige Mitbewohnerin Viktoria K. (21) wurden der fahrlässigen Körperverletzung in drei Fällen beschuldigt. Die Mitangeklagte Viktoria K. hatte am Nachmittag des 6. Juli dieses Jahres den Hund ihrer Bekannten ausgeführt. Ihre Mitbewohnerin hatte sie gebeten, mit dem Hund vor die Tür zu gehen, weil sie es eilig hatte. Deswegen ging Viktoria K. mit Pascha zu den Neuenkamper Rheinwiesen. Dort ließ sie ihn von der Leine, der Hund stürzte sich auf zwei Väter, die mit ihren Kindern am Rheinufer spielten.

Der Rottweiler Pascha soll den vierjährigen Sohn des einen zuerst attackiert haben. Dann soll Pascha die heute dreijährige Tochter der Nebenkläger angegriffen und lebensgefährlich verletzt haben. Der Hund soll dem Kind ins rechte Bein gebissen und dann ein 20 mal 25 Zentimeter großes Kopfhautstück mit Haaren abgebissen haben. Außerdem habe das Kind Verletzungen im Gesicht und am Bauch erlitten. Auch der Vater wurde ins Bein gebissen beim Versuch, das Tier zu stoppen. Weil die Hundehalterin ihrer Bekannten Viktoria K., die erst seit wenigen Tagen bei ihr wohnte, nicht gesagt hatte, dass sie den Hund nur mit Leine und Maulkorb ausführen durfte, lautet die Anklage auf fahrlässige Körperverletzung.

Das wollte der Vertreter der Nebenklage und Anwalt der Eltern, Axel Koch, nicht stehenlassen. Er hatte Zeugen berufen, die belegen konnten, dass es schon vor dem Vorfall am 6. Juli zu Zwischenfällen gekommen war. So schilderten zwei Mütter aus derselben Wohnsiedlung, dass ihre Kleinkinder bereits vor dem 6. Juli von Pascha angegriffen worden waren. Passiert war den damals ein und fünf Jahre alten Kindern jeweils nichts. Der Rentner Josef F. (69) schilderte als Zeuge der Nebenklage, wie Pascha seinen Berner Sennenhund Don beim Spazierengehen auf der Neuenkamper Rheinwiese angegriffen hatte. Er habe die Hundehalterin mehrfach aufgefordert, Pascha an die Leine zu nehmen, wenn Fußgänger in der Nähe seien.

Der Anwalt der Eltern des dauerhaft entstellten Kindes und die Verteidiger stritten darüber, ob man bei der Hundehalterin von Vorsatz aus gehen könne, weil sie einen Angriff ihres Rottweils in Kauf genommen habe. Der Halterin könnte dann eine Haftstrafe drohen. Für die Mitangeklagte Viktoria K. gilt das nicht.

Beide Angeklagte hatten durch ihre Anwälte Erklärungen verlesen lassen. Agnicszka G. brach in Tränen aus, als Anwalt Lars-Jürgen Weidemann sich in ihrem Namen bei den Eltern entschuldigte. Auch der Anwalt von Viktoria K., Heinz R. Schmitt, drückte das Bedauern seiner Mandantin aus.

Bei beweisbarem Vorsatz wäre die Straftat ein Verbrechen und dieses Strafgericht nicht zuständig. Die Richterin hielt Vorsatz für möglich und verwies den Fall "Pascha" an das Duisburger Schöffengericht. Wann weiterverhandelt werden kann, stand gestern noch nicht fest.

Vorsätzlich oder fahrlässig darüber stritten gestern die Anwälte der Anklage Heinz R. Schmitt (hinten li.) und Lars-Jürgen Weidemann (re.) mit dem Vertreter der Nebenklage Axel Koch (vorne re.). Die Angeklagten Viktoria K. und Agnicszka G. (hinten Mitte) entschuldigten sich bei den Eltern. Der Rottweilerrüde Pascha wurde im Alter von 19 Monaten vor drei Wochen eingeschläfert.

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