Warum im Norden so wenig zur Wahl gingen Grüne in der Mitte stark, AfD im Norden
Von der Schwäche der Volksparteien profitieren in Duisburg vor allem die Grünen – und die AfD. Die Rechtspopulisten erreichen in einigen Stimmbezirken im Duisburger Norden bis zu 32 Prozent.
„Europawahl ist Klimawahl“ hatten die Schüler am Freitag noch bei der „Fridays for future“-Demonstration in der Duisburger Innenstadt skandiert. Sie sollten recht behalten. Das Klima-Thema überschattete alles andere. Und so waren die Grünen am Wahlabend ohnehin zufrieden. Doch als im Rathaus die Ergebnisse der Stadtbezirke auf der Leinwand erschien, gab es Jubelschreie: Im Stadtbezirk Mitte wurden die Grünen stärkste Kraft. Mit knapp 25 Prozent lag die Partei hier deutlich vor der SPD (21,9 Prozent) beziehungsweise der CDU mit 17,2 Prozent. Besonders stark schnitten die Grünen da ab, wo es ein größeres studentisches Milieu gibt (siehe Box).
Insgesamt kamen die Grünen auf 19,5 Prozent, nur denkbar knapp hinter der CDU (19,9 Prozent). Obwohl in Duisburg stärkste Kraft mit 24,5 Prozent (2014: 40,8 Prozent), war die SPD der ganz große Wahlverlierer.
In Duisburg ging jeder Zweite zur Wahl (50,1 Prozent). Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber der Europawahl 2014, als nur 42,6 Prozent der wahlberechtigten Duisburger ihre Stimme abgaben. Vertreter aller Parteien gaben ihre Freude darüber zum Ausdruck. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Denn trotz der gestiegenen Beteiligung ist Zahl im Vergleich ausgesprochen mager: Bundesweit lag sie bei über 60 Prozent.
Lokal gab es dabei gewaltige Unterschiede. Während in Großenbaum/Rahm fast zwei Drittel an der Europawahl teilnahmen (65,0 Prozent), interessierte sich in Marxloh nur rund jeder Vierte (27,3 Prozent) so sehr für Europa, dass er auch aktiv an der Wahl teilnahm. Trauriges Schlusslicht war dabei der Stimmbezirk 601 (Gesamtschule Marxloh): Von 607 Wahlberechtigten gaben gerade einmal 116 eine gültige Stimme ab – das entspricht einer Beteiligung von 19,3 Prozent. Nicht einmal jeder Fünfte wollte hier also wählen. Kurios: In diesem Stimmbezirk lagen CDU und AfD mit jeweils 23 Stimmen (19,8 Prozent) gleichauf, gefolgt von der SPD mit 16,4 Prozent. Offensichtlich führt im Norden der Vertrauensverlust der etablierten Parteien dazu, dass die Wähler entweder gar nicht abstimmen oder den Etablierten einen „Denkzettel“ verpassen wollen.
Die Erfolge der AfD verwunderten am Wahlabend die Fraktionschefs von SPD und CDU, Bruno Sagurna und Rainer Enzweiler, nicht einmal sonderlich. Der Meidericher Sagurna und der Marxloher Enzweiler wohnen selbst in Gegenden, in denen die Rechtspopulisten überdurchschnittlich gut abschnitten. Und die beiden wissen auch, warum: Die Zuwanderer aus Südosteuropa (Rumänen und Bulgaren), die schlecht verteilt in wenigen Straßenzügen leben, werden von vielen als Problem gesehen. „Dabei erkläre ich immer wieder, dass wir Flüchtlingsströme in Europa steuern können. Die Zuwanderer aber sind EU-Bürger, das ist etwas ganz anderes“, so Sagurna. Enzweiler erklärte, dass sich auch Menschen mit Migrationshintergrund, die einst als „Gastarbeiter“ kamen und schon lange in Duisburg ansässig sind, über die neuen Zuwanderer ärgerten.
So wurde die AfD in vielen Stimmbezirken stärkste Kraft. Zum Beispiel in gleich zwei Wahllokalen an der Justus von Liebig Schule in Obermarxloh mit 32,1 beziehungsweise 28,9 Prozent, in einem Stimmbezirk im Bürgerhaus Hagenshof in Obermeiderich (30,2 Prozent oder an der Bergschule in Untermeiderich (30,5 Prozent). Allerdings muss man die scheinbar sehr hohen Prozentzahlen relativieren: So entsprechen den 30,5 Prozent an der Bergschule exakt 50 Wählerstimmen.