Duisburg Es soll sich wie ein Zuhause anfühlen

Duisburg · Für die Kinder und Jugendlichen der Wohngruppe des Kinderheims St. Josef in Wanheimerort soll Weihnachten etwas ganz Besonderes sein. Das ist dem jungen Erzieherteam sehr wichtig - und dafür legt es sich auch voll ins Zeug.

 Die Erzieher packen Geschenke ein (v.l.): Ralf Aengenheyster, Jessica Hack, Maria Buttlar und Bianca Jakoby.

Die Erzieher packen Geschenke ein (v.l.): Ralf Aengenheyster, Jessica Hack, Maria Buttlar und Bianca Jakoby.

Foto: Christoph Reichwein

Die Teelichter in den mit Pergamentpapier und Dekoband verzierten Gläsern auf dem Wohnzimmertisch flackern gemütlich vor sich hin. Auf dem Esstisch stehen diverse Schalen und Teller mit köstlichen selbstgebackenen Plätzchen. Den Durchgang vom Ess- in den Wohnbereich ziert eine weihnachtliche Girlande. Und natürlich darf auch der festlich geschmückte Weihnachtsbaum nicht fehlen. Bei der tollen Dekoration muss in der Wanheimerorter Außenwohngruppe des Kinderheims St. Josef einfach Weihnachtsstimmung aufkommen!

Das ist dem jungen Erzieherteam auch ganz wichtig. Wenn die Kinder und Jugendlichen heute Morgen ihre Geschenke auspacken, soll für sie alles perfekt sein. Denn die jungen Menschen haben es nicht leicht, sie leben getrennt von ihren Familien. So vielfältig die Gründe dafür auch sein mögen, eines haben alle gemeinsam: Sie haben schon viel durchgemacht in ihrem Leben. Je nachdem, was sich in der Vergangenheit zugetragen hat, sehen sie ihre Eltern, wenn es sie überhaupt noch gibt, selten oder so gut wie gar nicht. "Weil die Eltern nicht dazu bereit sind, manche sind auch nicht in der Lage, oder es gibt Kontaktsperren", zählt Erzieherin Jessica Hack auf. Andere Kinder haben es etwas besser und dürfen ihre Eltern oder Großeltern öfter besuchen, sagt sie. Aber selbst das ist noch weit entfernt von dem, was ein normales, harmonisches Familienleben ausmacht.

Und deswegen setzt das Erzieherteam auch alles daran, den Kindern und Jugendlichen für die Dauer ihres Aufenthaltes - manchmal sind es nur ein paar Nächte, manchmal auch mehrere Jahre - ein Zuhause zu bieten, in dem sie sich wohlfühlen und immer einen Vertrauten haben, an den sie sich wenden können. Auf Zusammenhalt wird dabei großer Wert gelegt, was sich besonders in der Vorweihnachtszeit wieder zeigte. "Wir haben alle zusammen dekoriert, das war schon Ende November. Und wir haben gemeinsam Plätzchen gebacken", erzählt Bianca Jakoby. "Jeder hier bringt sich ein. Die Kleinen bitten die Großen um Hilfe, die Großen helfen dann auch. Das ist alles sehr friedlich. Es läuft sehr gut bei uns, was nicht selbstverständlich ist", betont die Erzieherin.

Dieser Zusammenhalt wird auch über die Weihnachtstage gelebt - außer heute Abend, denn dann ist niemand da: Nach vier Jahren wird die Außenwohngruppe erstmals wieder an Heiligabend geschlossen. Denn alle der derzeitigen Bewohner haben das Glück, den Abend bei ihren Familien feiern zu dürfen.

Wenn dann am Ersten Weihnachtstag die ersten jungen Bewohner wieder eintrudeln, wird in der Außenwohngruppe alles ein wenig ruhiger angegangen als sonst. "Keine Schule, keine Termine, keine Verpflichtungen, und auch für uns ist dann mehr Zeit für Dinge, zu denen wir normalerweise bei unserem durchstrukturierten Tagesablauf nicht so kommen", sagt Bianca Jakoby. Dazu gehört auch das Kochen, das normalerweise die Aufgabe von Martina Lange ist. Da sie aber über die Feiertage frei hat, macht das der diensthabende Erzieher - mithilfe der jungen Bewohner. "Und daraus machen wir auch immer eine große Sache", erzählt Jakoby.

Programm müssen sich die Erzieher für Weihnachten nicht groß ausdenken. "Das machen die schon ganz eigenständig", sagt Jakoby über ihre Schützlinge. Da wird gespielt, gesungen, einige schauen sich einen Weihnachtsfilm an, zwischendurch gehen alle gemeinsam spazieren. "Es gab auch schon mal eine weihnachtliche Tanzaufführung. Das ergibt sich einfach so", sagt Jessica Hack.

Den Erziehern ist es bei alldem nur wichtig, darauf zu achten, dass niemand zu kurz kommt und ja keine Erwartungen enttäuscht werden. "Jede Familie hat andere Rituale. Wir geben uns Mühe, dass jeder ein Stück von seinem vertrauten Weihnachten hat", sagt Erzieher Ralf Aengenheyster. Für den einen sei das Ente, für den anderen Kartoffelsalat, erzählt Jessica Hack. Der eine wolle unbedingt "Das letzte Einhorn" gucken, der andere aber lieber "Santa Clause", fügt ihre Kollegin Maria Buttlar hinzu. "Die einen kennen das so, dass vor dem Essen beschert wird, die anderen haben das immer erst am Ersten Weihnachtstag gemacht", fällt Bianca Jakoby ein. Die große Kunst sei es, alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Schließlich soll gerade für diese Kinder und Jugendlichen, die sich vor allem an den Festtagen nach einer intakten Familie sehnen, das Weihnachtsfest etwas ganz Besonderes sein.

(RP)
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