Duisburg Erziehung zu Respekt statt zu Hass

Duisburg · Sofia Sokolov ist Programmleiterin der Europäischen Janusz Korczak Akademie (EJKA) in Nordrhein-Westfalen. Dafür hat die Akademie mit dem Janusz-Korczak-Haus nun eine Niederlassung in Duisburg.

 Sie arbeiten zusammen: Sofia Sokolov ist Programmleiterin der Korczak-Akademie, Alexander Drehmann ist der neue Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen.

Sie arbeiten zusammen: Sofia Sokolov ist Programmleiterin der Korczak-Akademie, Alexander Drehmann ist der neue Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen.

Foto: christoph reichwein

Seit einem Jahr ist Alexander Drehmann, 1978 in Charkiw im Nordosten der Ukraine geboren, neuer Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen (die RP berichtete). Und seit diesem März ist Sofia Sokolov, geboren 1987 in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, Programmleiterin der Europäischen Janusz Korczak Akademie (EJKA) in Nordrhein-Westfalen. Dafür hat die Akademie mit dem Janusz-Korczak-Haus seit April eine Niederlassung in Duisburg. Vor allem in Sachen Bildung, Erziehung und Kultur arbeiten Gemeinde und Akademie eng zusammen. Ein Grund für die RP, Drehmann und Sokolov in dem neuen Haus auf der Lehrerstraße in Neumühl einmal aufzusuchen und sie nach den ersten 100 Tagen gemeinsamer Arbeit und Aktivitäten zu befragen.

"Es ist alles prima angelaufen und hat sich gut entwickelt, seit der feierlichen Eröffnung der neuen EJKA-Niederlassung in Duisburg", erzählt Sokolov über den Start des nach München und Berlin nunmehr dritten Janusz-Korczak-Hauses in Deutschland.

"Doch wir müssen Schritt für Schritt vorgehen und alles der Reihe nach angehen, was wir vorhaben", schickt die studierte Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin nach. "Der Standort in Neumühl", ergänzt Drehmann, "liegt zwar etwas abseits der Duisburger Innenstadt, doch hat sich dieser seit Jahren als Sozialbüro der Jüdischen Gemeinde bewährt. Hier hat Frau Sokolov ihr Büro und die EJKA einen Seminarraum." Duisburg sei auch deshalb dritter EJKA-Standort in Deutschland geworden, fügt er hinzu, weil die hiesige Jüdische Gemeinde stets ein verlässlicher Partner gegenüber der "Jewish Agency for Israel" sei, die die EJKA maßgeblich bezuschusst. Auch deshalb fanden die bisherigen ersten Veranstaltungen (noch) überwiegend im Gemeindezentrum am Springwall statt.

So gab es zwei Tage nach dem offiziellen Duisburger EJKA-Start einen viel beachteten "Medientag" im Gemeindehaus, der in den Jahren zuvor immer in München veranstaltet wurde. Dabei wurde unter anderem die druckfrische Publikation "Medienprojekte erfolgreich gestalten: Themen - Methoden - Beispiele. Handbuch für die jüdische Community" der Öffentlichkeit vorgestellt. Einen Tag später wurde an gleicher Stelle die Ausstellung "Ein weißes Haus in einer grauen Stadt" von einem der letzten noch lebenden "Korczak-Kinder", des heute 93-jährigen Künstlers Itzchak Belfer, eröffnet, der sich in seinen Zeichnungen mit seiner Kindheit in Korczaks jüdischem Waisenhaus und mit Korczaks pädagogischem Werk und sozialen Wirken als EJKA-Namensgeber auseinandersetzte. "Erziehung zu Respekt statt Erziehung zu Hass", erläuterte in diesem Zusammenhang Sokolov, sei nämlich das Kernstück der Pädagogik von Janusz Korczak. Den gleichen Titel wie die Ausstellung trägt im Übrigen die 2015 veröffentlichte Autobiografie Belfers, für welche die Zeichnungen als Illustrationen dienen, die von der bekannten Kinder- und Jugendbuchautorin Mirjam Pressler, die in der Vergangenheit mehrfach in Duisburg Lesungen und Vorträge abgehalten hatte, aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzt wurde. Im Mai gab es unter anderem ein bemerkenswertes Jazz-Konzert mit der Sängerin Polina Manelis, die Drehmann aufgrund seiner persönlichen Kontakte zu ihr, verpflichten konnte. Außerdem fand Ende des Monats ein sogenanntes "Nevatim-Kolleg"-Treffen statt. Das Förderprogramm "Nevatim", finanziert von der "Jewish Agency for Israel", unterstützt engagierte junge Menschen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren, die mit ihren Ideen und Projekten jüdisches Leben in Deutschland sozialer, interessanter und attraktiver machen wollen.

Vergangenen Monat wurde im unweit von der Jüdischen Gemeinde liegenden "Zentrum für Erinnerungskultur" der Film "Korczak" des polnischen Filmemachers Andrzej Wajda gezeigt. Wajda, einer der bedeutendsten Regisseure Europas, widmet sich in seinem preisgekrönten Werk den letzten Wochen im Leben Janusz Korczaks. Eindrucksvoll zeigt der 1990 gedrehte Film wie sich der große Pädagoge (1878 bis 1942) bis zur letzten Sekunde um seine 200 Waisenkinder im Ghetto Warschau kümmerte und ihnen trotz der Möglichkeit, selbst dem sicheren Tod in den Gaskammern zu entkommen, bis zum Schluss beistand. Zum Abschluss des bisher ersten Programmangebotes führte das Duisburger Janusz-Korczak-Haus Anfang Juli noch eine Exkursion in die Archäologischen Zone der Kölner Altstadt durch. Bei den Rundgängen auf dem Gelände der Ausgrabungen informierten sich die Teilnehmer über die Funde und den Stand zum Bau des geplanten Jüdischen Museums dort. Jetzt warten Sokolov und Drehmann "sehnsüchtig" auf das gedruckte EJKA-Jahresprogramm 2016/2017, das für September angekündigt ist. "Dann starten wir richtig durch", war der übereinstimmende gemeinsame Tenor der beiden. Doch neben der Bildung, gehören auch die fachliche Beratung für die Zielgruppe der 20- bis 35-Jährigen, egal ob als Single oder Familie, sowie die gesellschaftliche Vernetzung zu den Kernaufgaben des neuen Janusz-Korczak-Hauses.

Kontaktadresse: Janusz-Korczak-Haus Nordrhein-Westfalen in Duisburg. Lehrerstraße 5, 47167 Duisburg. Internet: "www.ejka.org" - "sofiasokolov@ejka.org"

(RP)
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