Mündelheim Endlose Diskussionen statt Lösungen

Duisburg · Der Vorsitzende des Mündelheimer Bürgervereins glaubt, dass man bei der Stadt die Probleme im südlichen Stadtteil wie der starke Lkw-Verkehr und die Schadstoffbelastung schon erkennt, aber dass seit Jahren "nichts Sichtbares geschieht".

Der Ortsteil Mündelheim im Duisburger Süden hat etwa 3500 Einwohner; 496 von ihnen sind Mitglied im Mündelheimer Bürgerverein. Klaus Drechsler (60) ist seit zwölf Jahren Vorsitzender des Vereins. Mit dem Informatiker sprach RP-Redakteur Peter Klucken.

Glauben Sie, dass die Mündelheimer heute aus anderen Gründen Mitglied im Bürgerverein werden als vor 30 Jahren?

Drechsler Die Probleme haben sich vervielfacht, aber egal, ob es um den Deichbau, den zunehmenden Verkehr, die Lärmbelästigung durch Straßen- oder Flugverkehr oder Sonstiges geht, fast allen Beitritten liegt die direkte Betroffenheit der Bürgerinnen und Bürger zugrunde. Es wird die Gemeinschaft gesucht in der Hoffnung, dadurch mehr Gehör zu finden. Einige neue Mitglieder haben die Arbeit des Bürgervereins in den vergangenen Jahren beobachtet, durchweg positiv beurteilt und wollen sie nun durch den Beitritt unterstützen.

Welche Aufgaben hat der Mündelheimer Bürgerverein grundsätzlich?

drechsler In unseren Satzungen ist der Zweck des Vereins festgelegt. Wir kümmern uns um Erhalt und Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität im Ort durch eigene Aktivitäten, Anregungen an zuständige Gremien sowie Unterstützung von Vorhaben, die dem Wohle der Bürger dienen und die Heimatverbundenheit stärken. In den letzten Jahren ist der schöne Süden, also auch Mündelheim, immer mehr in den Fokus gerückt durch seinen landschaftlichen Reiz. Daraus resultiert dann vieles, was unseren Lebensraum nachhaltig verändern wird, nicht immer zum Besseren.

Anfang des Jahres fuhr ein Lkw an der Haltestelle Ehinger Berg in das Wartehäuschen. Einige Menschen wurden schwer verletzt. Der Bürgerverein forderte, dass man aus diesem Unfall Lehren ziehen sollte. Was hat sich seitdem getan?

drechsler Wir fordern schon seit vielen Jahren Veränderungen im Bereich Verkehr, haben auch schon eigene Vorschläge erarbeitet und Kontakt zu Politik, Verwaltung und Straßen NRW aufgenommen. Alle Stellen erkennen die von uns beschriebenen Probleme, geben uns mehr oder weniger Recht und bekunden, etwas tun zu wollen. Aber ehrlich gesagt: Bis auf ganz wenige Kleinigkeiten hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert, auch nicht nach diesem schweren Unfall. Die größeren Lösungen, die wirklich Entlastung bringen würden, zum Beispiel die Anbindung des Mannesmannackers, scheitern an vielen endlos langen Diskussionen, endlos langen Planungs- und Entscheidungsprozessen. Speziell dieses Thema ist schon seit Ende der 60-er Jahre bekannt, aber wirklich Sichtbares ist nicht erreicht — ein Armutszeugnis für uns alle, wie ich finde!

Mündelheim ist ein Stadtteil, der von Landwirtschaft und Industrie geprägt ist. Viele sehen die Balance mittlerweile gefährdet. Was sind Ihrer Meinung nach die drängendsten Probleme?

drechsler Der weitere Flächenverbrauch um Mündelheim muss sofort gestoppt werden, gerade diese landwirtschaftlich genutzten Flächen machen doch den Süden so attraktiv und wertvoll. Der Landwirtschaft werden große Flächen entzogen, besonders durch die Sanierung und Rückverlegung des Deiches, ein großer Teil wird dann im Überflutungsgelände sein und damit nicht mehr so genutzt werden können wie bisher. Die umliegende Industrie belastet Mündelheim auch mittlerweile über Gebühr durch Lärm und Schwerlastverkehr, da rede ich noch nicht von Feinstaub und anderen Emissionen. Wir liegen beim Lärm schon jetzt über allen Grenzwerten in Mündelheim, die Straßen sind dem zunehmenden Lkw-Verkehr nicht angepasst worden, aber weitere Firmen werden angesiedelt. Hier wird auf eine Langfristlösung "Autobahn" verwiesen — und nichts tun bis dahin? Auch die Krefelder Industrie auf der gegenüberliegenden Rheinseite emittiert erheblich. Der vorherrschende Westwind weht die Emissionen über die Stadtgrenze Krefelds zu uns. Mich stört hier schon lange, dass die Verantwortlichkeiten an der Stadtgrenze enden und nicht nach Betroffenheit geregelt sind. Denken wir an den Compo-Brand zurück, dann stellen wir fest, dass die Bezirksregierung in Düsseldorf zuständig ist, weil zwei Städte betroffen sind! Ich wünsche mir, dass die Behörden aus Duisburg und Krefeld enger und schnell miteinander arbeiten, damit beim nächsten Störfall auf Krefelder Seite die Mündelheimer nicht erst zwei Stunden später gewarnt werden.

Haben Sie den Eindruck, dass die Kommunalpolitik und die Stadt Duisburg die Argumente des Bürgervereins ernst nehmen?

drechsler Ja, ich habe den Eindruck, dass die Argumente ernst genommen werden. Aber die Kommunalpolitik und auch die Stadt als kleines Rad im großen schwergängigen Getriebe unserer Gesellschaft haben offensichtlich selbst nur sehr begrenzte Möglichkeiten, etwas zu ändern.

Vor kurzem haben sich die Bürgervereine im Duisburger Süden zusammengeschlossen, um den Erhalt der Straßenbahnlinie U 79 zu fordern. Werden die Bürgervereine in Zukunft stärker als zuvor zusammenarbeiten?

drechsler Die Bürgervereine im Süden treffen sich zweimal jährlich seit vielen Jahren und diskutieren über gemeinsame Probleme, an erster Stelle den zunehmenden Lkw-Verkehr. Es wurden Briefe in der Vergangenheit an den Bundesverkehrsminister geschrieben und vieles mehr. Auch hier gilt: Je größer der Zusammenschluss, desto größer die Hoffnung auf Besserung.

DAS INTERVIEW FÜHRTE PETER KLUCKEN

(RP)
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