Duisburg Eine Stätte der Gemeinschaft

Duisburg · Am Wochenende wird das 60-jährige Bestehen der Patenschaft zwischen Duisburg und Königsberg als Beispiel einer großen humanitären Tat gefeiert. Ein Meilenstein war 1968 die Einrichtung eines eigenen Museums, das sich seit 1992 am Innenhafen befindet.

 Blick auf die "Prominentenbühne" bei der großen Feier 1955 im alten Wedaustadion: Agnes Miegel, Oberbürgermeister August Seeling; dahinter Prinz Louis Ferdinand mit seinen Söhnen.

Blick auf die "Prominentenbühne" bei der großen Feier 1955 im alten Wedaustadion: Agnes Miegel, Oberbürgermeister August Seeling; dahinter Prinz Louis Ferdinand mit seinen Söhnen.

Foto: museum stadt königsberg

Am 7. September 1952 wurde die Patenschaft zwischen der Stadt und Vertretern der Königsberger feierlich besiegelt, 20 000 frühere Bürger Königsbergs zwischen Flensburg und Berchtesgaden waren nach Duisburg angereist. An der Lotharstraße, heute Universitätsgelände, standen hohe Nachbildungen des Königsberger Schlosses und der Speicher des Königsberger Hafens. Aus der im Museum Stadt Königsberg aufbewahrten Patenschaftsurkunde geht hervor, dass Duisburg "den heimatvertriebenen Königsbergern eine neue Stätte kultureller und geistiger Gemeinschaft" geben wollte. Der letzte Satz der Urkunde lautete: "In der Hoffnung, dass Duisburg ein lebendiger Sammelpunkt für die heimatvertriebenen Königsberger werde, wurde heute (7. September 1952) diese Urkunde ausgefertigt".

 Pfarrer i.R. Lorenz Grimoni, Autor dieses Gastbeitrags, ist seit 1987 ehrenamtlicher Betreuer des Museums Stadt Königsberg.

Pfarrer i.R. Lorenz Grimoni, Autor dieses Gastbeitrags, ist seit 1987 ehrenamtlicher Betreuer des Museums Stadt Königsberg.

Foto: andreas probst

50 000 Königsberger in Duisburg

In den 60 Jahren haben nicht nur in Königsberg Geborene, sondern auch Königsberger aus der ganzen Welt in Duisburg "eine neue Stätte kultureller und geistiger Gemeinschaft" gefunden oder wie viele auch sagen, eine neue Heimat. Dazu haben in erster Linie unzählige Treffen der Bürger Königsbergs in Duisburg beigetragen: 1955, als man eine Woche lang das 700-jährige Bestehen der Gründung Königsbergs feierte, kamen zwischen 35 000 und 50 000 Königsberger in Duisburg zusammen. Unter ihnen befanden sich z. B. der von den Nazis abgesetzte Königsberger Oberbürgermeister Dr. Hanns Lohmeyer, die Frau des ehemaligen Königsberger Bürgermeisters Dr. Carl Goerdeler, der im Widerstand gegen Hitler stand und hingerichtet wurde, dazu viele bekannte Gelehrte der Königsberger Universität, Künstler und Schriftsteller, unter ihnen Agnes Miegel.

Die Hauptveranstaltung fand im Stadion in Wedau statt, sie wurde mit dem Geläut der Silberglocke aus dem Königsberger Dom eingeläutet, die man auf dem "Glockenfriedhof" in Hamburg wiederentdeckt hatte.

Keine Gaststätte, keine Schule oder sonstige Räumlichkeit, in der sich nicht die Königsberger in kleineren Gruppen trafen: Die Schüler Königsberger Schulen, der Schützenverein, die Mitarbeiter des Königsberger Arbeitsamtes oder die Vereinsmitglieder der vielen Königsberger Sportvereine. Mehrfach erlebte der damals 16-jährige Schreiber dieser Zeilen, wie plötzlich hier und da ein Aufschrei ertönte, Menschen lagen sich in den Armen, lachten und weinten, die sich hier in Duisburg nach vielen Jahren der Ungewissheit wieder gefunden hatten.

Patenschaftsbüro

Zu Recht stellte Altoberbürgermeister Josef Krings später einmal fest, dass die Patenschaft eine ganz wichtige soziale Komponente hatte. Diese wurde auch besonders dadurch gefördert, dass die Stadt von Anfang an ein Patenschaftsbüro (Leiter war der in Königsberg geborene Stadtamtmann Reinhold Neiß) einrichtete, in der (bis heute) über 300 000 Anschriften von Bürgern gesammelt wurden, die angeben mussten, wo sie in Königsberg zu Hause waren und wo sie nach 1945 in der Bundesrepublik oder auch im Ausland eine neue Heimat gefunden hatten. Und noch gegenwärtig kommen Anfragen im "Patenschaftsbüro Königsberg" mit der Bitte an, Auskünfte zu Einwohnern der Stadt, zu Renten- oder Erbschafts-Angelegenheiten zu erhalten.

Und Duisburg wollte den Königsbergern eine "Stätte kultureller und geistiger Gemeinschaft geben". So wurde der Nürenweg in Duissern in "Königsberger Allee" umbenannt, der Stadtpark in "Immanuel Kant- Park". Die Königsberger Gemeinschaft schenkte der Stadt, eine Nachbildung einer Bronzetafel aus Königsberg mit einem berühmten Kant-Wort. Sie wurde im Durchgang des Rathausturmes befestigt. In einem Fenster im Sitzungssaal des Rathauses wurde das Königsberger Wappen eingearbeitet, große Königsberger Wappen wurden von der Stadt auf beiden Seiten der Brücke von der Königstraße zur Mülheimerstraße gleichzeitig mit Wappen mittel- und ostdeutscher Städte aufgehängt.

Kant-Gemälde im Museum

Und sehr wichtig wurde die Einrichtung eines Museums, um darin einen weiteren ständigen Treffpunkt für die Königsberger zu schaffen (später auch für Gruppen der Danziger, der Ost-und Westpreußen, der Pommern, der Schlesier, der Oberschlesier). Schon lange bevor die erste Einrichtung geschaffen wurde, wurden an Königsberg erinnernde Exponate im Duisburger Rathaus aufbewahrt, das wertvollste Exponat, ein Kant-Ölgemälde aus dem Jahre 1791, erwarb die Stadt für das zukünftige Museum. Das erste Museum, das "Haus Königsberg" wurde am 20. Oktober 1968 in einem Patrizierhaus an der Mülheimer Straße an der Grünanlage "Goerdeler-Park, eröffnet. Immer mehr Exponate konnte das "Haus Königsberg" aufweisen, so dass ständig wechselnde Ausstellungen aufgebaut werden konnten, Vorträge stattfanden, auch Dichterlesungen oder musikalische Abende. Seit 1992 besteht das Museum als "Museum Stadt Königsberg" am Innenhafen, zu erreichen durch das Kultur- und Stadthistorische Museum. Hier fanden bisher die größten Ausstellungen statt, z. B. zu Immanuel Kant 2004 und noch einmal im Jahre 2010, als Duisburg mit anderen Ruhrgebietsstädten Kulturhauptstadt Europas war. Weitere große Ausstellungen waren z.B. "Künstler der Kurischen Nehrung". "Käthe Kollwitz" oder "Königsberger Musikleben", "Königsberger Krönungen", "Die. Königsberger Universität Albertina". Sie wurde übrigens im Beisein von OB Krings zum ersten Male 1994 im heutigen Kaliningrad eröffnet. Russische Mitarbeiter der Kaliningrader Kultureinrichtungen waren seit dieser Neueröffnung ständige Gäste im Museum Stadt Königsberg. Seine Ausstellungen zogen viele auswärtige Besucher an. Duisburg wurde- zumal über das Internet- als Zentrum für die Königsberger Geschichte und Kultur bekannt.

(RP/rl)
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