Duisburg Eine Milliarde Mark verbuddelt

Duisburg · Am Samstag, 11. Juli 1992, erlebte die Innenstadt eines ihrer größten Feste. Nach mehr als 20 Jahren Bauzeit wurde der Verkehr auf der U-Bahn-Strecke unter der City freigegeben.

 Der Jungfernfahrt mit dem bekränzten neuen Stadtbahnzug waren Hunderte Probefahrten vorausgegangen. Am 11. Juli durfte OB Krings im Führerstand Platz nehmen (aber nur für die

Der Jungfernfahrt mit dem bekränzten neuen Stadtbahnzug waren Hunderte Probefahrten vorausgegangen. Am 11. Juli durfte OB Krings im Führerstand Platz nehmen (aber nur für die

Foto: Archiv/Probst

Wie man es dreht und wendet, egal ob man denkt "So lange erst?" oder "Was, schon solange?" — vor 20 Jahren begann in der Innenstadt das U-Bahn-Zeitalter. Kein Bauprojekt vorher und nachher hat die City derartig verändert.

Am Samstag, 11. Juli 1992, feierten die Duisburger, was das Zeug hielt. Und sie fuhren (kostenlos) in Massen die 2,1 Kilometer zwischen den fünf Bahnhöfen unter der Erde hin und her. Vergessen waren die vielen Jahre, in denen auf der Königstraße gebuddelt wurde, vergessen waren die Diskussionen über Finanzierungsschwierigkeiten und Kostensteigerungen. Vergessen auch, dass der Innenstadt-Handel gut 15 Jahre lang unter der Buddelei gewaltig gelitten hatte.

Und auch die Diskussionen, ob sich Duisburg angesichts der auch damals schon angespannten Haushaltslage ein solches Prestigeobjekt überhaupt leisten kann, waren Vergangenheit. Immerhin war eine Milliarde (Mark, nicht Euro) verbaut worden für das unterirdische Schienennetz plus aller Anschlüsse an die vorhandenen Gleise, plus fünf aufwendig gestaltete Bahnhöfe und eine Verknüpfungshalle (am Hauptbahnhof), plus etlicher anderer Investitionen in Hoch- und Tiefbau.

Von Norden in die Innenstadt

Mitte der 60er Jahre kam die Politik auf die Idee, eine U-Bahn zu bauen. Immerhin wollte man nicht wie ein Provinznest hinter anderen großen Kommunen herhinken. Es gab — wie immer — Befürworter und Gegner. Und es gab die Idee, sich zunächst unter der Ruhr von Duisburgs Norden in die Innenstadt vorzuarbeiten. Doch angeblich hätte das Land dieses Vorhaben nicht gefördert, hieß es damals. Gut möglich, dass sich aber auch diejenigen mit ihrer Meinung durchzusetzen wussten, die das erste U-Bahn-Stück prestigeträchtig in der Innenstadt haben wollten.

Denn damals ratterte die gute alte Straßenbahn noch über die Düsseldorfer Straße, die Friedrich-Wilhelm-Straße, über die Steinsche Gasse. Und vor allem über die Königstraße: Vor den Geschäften breite Bürgersteige, links und rechts die Fahrbahnen für die Autos, und mittendrin der Gleiskörper für die Straßenbahn. Da war es bisweilen ganz schön eng auf dem Prachtboulevard. Aber auch gemütlicher als heute mögen diejenigen jetzt einwenden, die sich wünschen würden, mit ihrem Auto genau so wie auf der Düsseldorfer Kö bis vors Geschäft fahren zu können.

1975 gruben sich die Arbeiter am Hauptbahnhof zum ersten Mal in die Tiefe, von dort ging es unter der Königstraße durch in Richtung Kuhstraße, weiter zum unterirdischen Abzweig Steinsche Gasse und in Richtung Plessingstraße. Die sogenannte Bocksbahntrasse (oberirdisch) entstand entlang der Kremerstraße, und ganz zum Schluss folgten die Verbindungen in Richtung Mülheimer Straße und nach Duissern zur Wintgensstraße, wo ein im Untergrund aufgetauchtes "Gebirge" die Techniker vor große Probleme stellt und die Bauarbeiten verzögerte.

Denn die damals hochmodernen Fräs- und Bohrmaschinen konnten das harte Gestein nicht "knacken", so dass wie in alten Bergarbeiterzeiten Stein für Stein weggehackt werden musste. Dass die Duisburger U-Bahn für technisch Interessierte ein besonderer Leckerbissen war, das nahmen die baustellengeplagten Bürger nur am Rande zur Kenntnis. Hier wurde beispielsweise erstmals das wegen der Rhein- und Hafennähe reichlich vorhandene Grundwasser vereist, weil sonst die Baugruben "abgesoffen" wären. Es kam hier eine neuartige riesige Vortriebsmaschine (sie bekam den Namen Düssy) zum Einsatz, die sich wie ein Steinbeißer durch das Erdreich fraß und es möglich machte, quasi in wenigen Schritten ein Loch zu bohren, das Erdreich zu entfernen und die Betonröhren für die U-Bahn-Trasse einzuschieben.

Nach Meiderich

17 Jahre lebten die Duisburger mit Baugruben, mit Erschütterungen durch unterirdisch tätige Maschinen, mit Tausenden von Baufahrzeugen und -maschinen, die Lärm und Dreck machten. Und kaum war der innerstädtische U-Bahn-Abschnitt freigegeben, ging es zumindest für die Duisserner gleich weiter, weil dann die Verbindung unter der Ruhr bis nach Meiderich gebaut wurde.

Er gehe davon aus, dass im Jahr 2050 die U-Bahn bis nach Homberg, Hochfeld und bis zum Zoo fahre, hatte 1991 Duisburgs "Mister U-Bahn", Herbert Huwar, gesagt. Der sonst so realistische Stadtbahnbauamtschef hat sich in diesem Fall wohl getäuscht, wissen wir heute, zwei Jahrzehnte nach der Jungfernfahrt.

(RP/rl)
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