Duisburg Eine Kindheit im Zweiten Weltkrieg

Duisburg · Der Rheinhauser Heinrich Abels hat seine Kindheitserinnerungen aus dem Zweiten Weltkrieg aufgeschrieben und jetzt als Buch veröffentlicht. Notizen hatte er sich bereits in den 1960er Jahren gemacht, doch erst jetzt kam er zum Schreiben.

 Heinrich Abels mit seinem Erstlingswerk "Als der Turm der St. Joseph-Kirche auf den Dellplatzbunker fiel" in der Bezirksbibliothek Rheinhausen, wo er hilfreiche Literatur zum Schreiben seines Buches fand.

Heinrich Abels mit seinem Erstlingswerk "Als der Turm der St. Joseph-Kirche auf den Dellplatzbunker fiel" in der Bezirksbibliothek Rheinhausen, wo er hilfreiche Literatur zum Schreiben seines Buches fand.

Foto: reichwein

Wenn er donnerstags zu seinem Fußball-Stammtisch geht, kommt er sowohl an seinem Geburtshaus in der Tiergartenstraße vorbei, als auch an der St.-Joseph-Kirche am Dellplatz. Was nur wenige wissen: Letztere beherbergt unter dem Platz einen der wenigen unterirdischen Großbunker in Duisburg aus dem Zweiten Weltkrieg. Hier hat Heinrich Harald Abels, geboren am 30. November 1937 in Duisburg, als Fünf- und Sechsjähriger viele Stunden und Tage seiner Kindheit in Angst verbringen müssen, die sein Leben bis heute nachhaltig geprägt haben. Unter dem Titel "Als der Turm der St.-Joseph-Kirche auf den Dellplatzbunker fiel" hat Abels, der heute in Rheinhausen lebt, seine Erinnerungen und Erlebnisse an diese Zeit und kurz danach auf 132 Buchseiten aufgeschrieben.

Es ist sein erstes Buch. Ermutigt es zu schreiben haben ihn seine ehemaligen Mitspieler des Duisburger Fußballvereins DSV 1900. Und tatkräftig unterstützt hat ihn seine Familie: seine Frau, seine beiden Töchter und der Schwiegersohn. Hilfreich waren auch die bibliothekarischen Hinweise der Rheinhauser Bezirksbibliothek. Über 50 Kugelschreiber, sagt er, habe er während dieser Zeit verbraucht, um seine Notizen, die er in den 1960er Jahren als Stichworte festgehalten hatte, in mehreren Kladden auszuformulieren. Eigentlich wollte er damals schon das Buch schreiben, doch da war er mit Beruf und Weiterbildung, Kindern und Alltag noch zu sehr beschäftigt. So mussten rund 50 Jahre vergehen, bis er schließlich sein Erstlingswerk vollbringen konnte. Und als es fertig war, war er erst traurig, dann aber stolz auf das, was er geschaffen hat.

Außer dem rein Biografischen, so Abels, sei seine Veröffentlichung auch ein "Antikriegsbuch", weil die Begebenheiten jener Zeit ihn so elementar beeinflusst hätten und er, wie Millionen andere Menschen auch, nicht mehr selbstbestimmt über sein Leben hätte entscheiden können. Vielleicht hätte der Autor diese Überzeugung, ob im Vorwort oder Abspann, deutlicher zum Ausdruck bringen müssen. Denn mit Adjektiven wie "unselige" oder "ungewöhnliche" damalige Zeit oder der Formulierung "Vater fuhr in den Krieg" könnte man mitunter schnell zu der Auffassung gelangen, Abels hätte mit seinem Buch die barbarische Nazizeit und den menschenverachtenden Krieg verklärt und verniedlicht. Doch das war mitnichten sein Ansinnen, wie er versichert. Vielmehr wollte er den kleinen Jungen aus dessen kindlicher Perspektive alles erzählen lassen, was dieser in den Jahren 1940 bis 1948 miterleben musste.

Dazu gehörten der Tod seines Opas 1940 und der seiner Oma 1943, der Bombenhagel auf Duisburg ab 1942 bis zum besagten Glockenturmeinsturz auf den Dellplatzbunker 1944, die rettende Evakuierung zusammen mit seiner Mutter nach Österreich im selben Jahr und deren gemeinsame Rückkehr nach Deutschland 1945, Abels Landverschickung zur Erholung und Gesundung in die Schweiz 1947 und schließlich dessen endgültige Rückkehr nach Duisburg 1948.

Wenn er heute im Biergarten neben der St.-Joseph-Kirche auf dem Dellplatz sitzt, dann heißt es dort in seinem Buch: "Heute sieht alles so friedlich aus. Nichts erinnert mehr an das Inferno von damals. Hier verweile ich immer und ein seltsames Gefühl durchströmt meinen Körper. Auch heute noch, nach fast siebzig Jahren."

(reife)
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