Duisburg Eine Ausstellung der Superlative

Duisburg · Die Verbundausstellung "China 8", die in acht Städten an Rhein und Ruhr bis zum 13. September gezeigt wird, ist nicht zuletzt eine herausragende Organisationsleistung von Walter Smerling, Direktor des Museums Küppersmühle.

Walter Smerling mag unter den deutschen Museumsdirektoren den Ruf eines umtriebigen Tausendsassas haben, der mehr auf Effekte als auf kunsthistorische Tiefe setzt. Aber mit der von ihm initiierten Verbundausstellung "China 8" hat er ein Museumsprojekt verwirklicht, für das ihm uneingeschränkt Hochachtung gebührt. Die prominente Eröffnung im überfüllten Museum Küppersmühle am Mittwochabend zeigte, dass die Präsentation von 120 chinesischen Gegenwartskünstlern, verteilt auf neun Museen an Rhein und Ruhr, eine Verbundausstellung der Superlative ist.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als Festredner sprach aus, was in der Tat für Staunen sorgt: Von der Idee bis zur Realisierung der "China-8"-Ausstellung sind nur eineinhalb Jahre vergangen. Smerling ist es gelungen, acht weitere renommierte Museen mit ins Ausstellungsboot zu holen und deren Leitungen zu überzeugen, sich an der Schau zu beteiligen. Vor allen Dingen schaffte er es, Sponsoren zu gewinnen und das gigantische Ausstellungsprojekt ohne öffentliche Zuschüsse zu realisieren. Nicht zuletzt konnte er mit kompetenten Helfern chinesische Künstler und deren Werke für eine Schau akquirieren, die wirklich interessant ist und auch den Blicken von Menschen standhält, die kritisch dem gesellschaftspolitischen Geschehen in China gegenüberstehen. "China 8" sorgt nicht nur für Schlagzeilen, weil die Schau und das Drumherum effektvoll vermarktet werden; "China 8" ist auch eine Ausstellung mit künstlerischer Substanz. Das Lehmbruck-Museum beteiligt sich, wie berichtet, an der Ausstellung mit skulpturalen Arbeiten von chinesischen Gegenwartskünstlern, die etwas "erzählen" wollen. Das Museum Küppersmühle für moderne Kunst, in dem schwerpunktmäßig deutsche Malerei seit 1945 gesammelt und ausgestellt wird, zeigt unter dem Motto "Das Vokabular der sichtbaren Welt" Gemälde von zehn chinesischen Malern, die in den 1950er und 1960er Jahren geboren wurden und die zum Teil international bekannt sind. Zhang Xiaogang ((Jahrgang 1958) und Zeng Fanzhi (1962 in Duisburgs Partnerstadt Wuhan geboren) gehören zu den Stars der chinesischen Kunstszene und feiern auch in den Kunstmetropolen außerhalb Chinas Erfolge. Zeng Fanzhi knüpft gerne an die europäische Maltradition an, zitiert Albrecht Dürer, wenn er einen Hasen malt. Allerdings einen Hasen, der eine vier mal vier Meter große Leinwand ausfüllt. Das gleiche Riesenformat hat sein "Kopf eines alten Mannes", vor dem Sigmar Gabriel seine Rede hielt - und dabei unwirklich klein wirkte. Zhang Xiaogang findet seine Motive in den Fotoalben chinesischer Familien. Allerdings verfremdet er die alten Fotos in seinen großformatigen Gemälden. In einem seiner Hauptwerke "Große Frau und kleiner Mann" sitzt ein nackter kleiner Junge in einigem Abstand von einer Frau. Beide wirken in ihren Sesseln wie erstarrt. Der "kleine Mann" hat eine irritierend gelbe Hautfarbe.

Zhang Xiaogang und Zeng Fanzhi wurden an Kunstakademien nach Methoden des sozialistischen Realismus ausgebildet, hätten sich davon aber unabhängig gemacht und eine eigene Kunstsprache entwickelt, heißt es. Die Ausstellung im Museum Küppersmühle hat viele Blickfänge. Einer, der besonders anzieht, ist die gigantische Galerie des 1960 in Shanghai geborenen und nun in Dijon (Frankreich) lebenden Künstlers Yan Pei-Ming. Es sind 150 Aquarellporträts von einflussreichen Persönlichkeiten der arabischen Welt. Dabei sind politische Anführer wie Arafat oder Nasser oder auch Künstler, die nur in der arabischen Welt bekannt sind. Die Pointe ist: Die Aquarellbilder, die eine ganze Wand füllen, wirken einzeln wie schwarz-weiße Heroen-Fotos. Das Heroische verliert sich allerdings in der Masse Mensch.

Ob "China 8" einen repräsentativen Querschnitt der chinesischen Gegenwartskunst wiedergibt, wird wohl kaum jemand beurteilen können; zu vielfältig sind die Werke, die in jedem einzelnen Museum und erst recht in allen neun beteiligten Museen insgesamt zu sehen sind. Aber auch das ist ein Urteil und eine positive Erkenntnis zugleich.

(RP)
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