Duisburg Ein Kind der "Schweinekolonie"

Duisburg · Hans-Jürgen Kocar ist eigentlich kein Duisburger. Er ist Hamborner. Und das ist zu hören, wenn er beispielsweise sagt, er fahre morgens zu seinem Büro in – wohlgemerkt – Duisburg.

Hans-Jürgen Kocar ist eigentlich kein Duisburger. Er ist Hamborner. Und das ist zu hören, wenn er beispielsweise sagt, er fahre morgens zu seinem Büro in — wohlgemerkt — Duisburg.

Ein Hamborner spricht eben nicht von der Innenstadt. Aufgewachsen ist der scheidende Caritasdirektor in der "Schweinekolonie", also im heutigen Schatten der Moschee, dort, wo die riesigen Innenhöfe der Siedlungen genutzt wurden für Ackerbau und Viehzucht.

"Mein Vater war Elektriker im Bergbau", erzählt er. "Und meine Mutter ging putzen, um das Schulgeld bezahlen zu können." Ein Leben in Reichtum und Wohlstand war es nicht, das er führte, wohl aber eines, das seine Sozialkompetenzen schärfte. Stark engagiert in der katholischen Jugendarbeit, beeinflusst von einem Pfarrer, der in der Gefangenenhilfe tätig war, stellte nach Realschulzeit die kaufmännische Lehre bei Thyssen für ihn nur einen Übergang dar für seinen Wunschberuf. Er wollte in die Sozialarbeit, unter allen Umständen. Mit noch nicht einmal 20 Jahren schlug er diesen Weg ein, lernte im Anschluss an die sechssemestrige Ausbildung im Praktikum sowohl die Sozialarbeit bei der Stadt wie auch bei der Caritas kennen und entschied sich für den Verband, "weil ich den Eindruck hatte, hier als "freier" "Angestellter arbeiten zu können." Denn in ein Beamtensystem hineingedrückt zu werden, das war nicht sein Bestreben. Wer anderen gerne Freiheit bei ihrer Arbeit zugesteht, der ist braucht sie auch für sich selber.

In seinen mehr als 40 Dienstjahren wuchs die Caritas von einem Kleinbetrieb zu einem Großunternehmen, das entsprechend wirtschaftlich geführt werden muss. Seine kaufmännische Ausbildung kam Kocar da sehr entgegen. Caritasarbeit, das bedeutet für ihn heute hochprofessionelles wirtschaftliches Handeln im christlichen und sozialen Sinne und mit hohen Qualitätsansprüchen.

Nach seiner Verabschiedung am Freitag, "werde ich erst einmal so gut wie gar keine verpflichtenden Termine wahrnehmen", hat er sich vorgenommen. Wenn er sich Pflichten stellt, dann denen in seiner Familie, zu der neben seiner Ehefrau die beiden erwachsenen Söhne und die drei Enkelkinder gehören. Er wird kein Hobbyhandwerker oder -gärtner werden, "denn ich habe zwei linke Hände". Er wird sich Zeit nehmen zum Lesen und für Reisen. Im Oktober ist Namibia das Ziel.

Hans-Jürgen Kocar hat sich außerdem entschieden, sich für die ambulante Hospizarbeit ausbilden zu lassen, und zwar nicht, um in der Hamborner Einrichtung zu einem Funktionär zu werden, sondern um caritativ zu arbeiten, so gewissenhaft und zuverlässig wie in den vergangenen 42 Dienstjahren.

(RP)
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