Duisburg EEG-Umlage als Standort-Bedrohung

Duisburg · Das Stahlunternehmen ThyssenKrupp Steel Europe kann sich am Standort Duisburg komplett unabhängig mit Wärme und Strom versorgen. Der Stahlriese sieht das Konzept durch die EEG-Umlage bedroht.

Duisburg: EEG-Umlage als Standort-Bedrohung
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Von der Energiezentrale des Stahlunternehmens ThyssenKrupp Steel Europe in Beeck aus wird die Energieversorgung des Stahlriesen am Standort Duisburg sichergestellt. Die Besonderheit: Das Unternehmen kann sich zu 100 Prozent autark mit Energie versorgen. Nur bei Schwankungen im Produktionsbetrieb wird bei Bedarf Strom aus dem Netz eingespeist. Im Entstehungsprozess von der Kohle zum fertigen Stahl fallen zwangsläufig so genannte "Kuppelgase" an, beispielsweise Kokereigas, Hochofengas und Konvertgas. ThyssenKrupp benötigt diese Gase in eigenen Prozessen und nutzt Überschussmengen im Kraftwerk zur Dampf- und Stromerzeugung. Dieses Konzept wurde bereits im Jahr 1898 bei der Hüttenunion in Dortmund eingesetzt.

Dr. Annette Loske, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), sieht diese Eigenerzeugung durch die Energiewende bedroht. "Das Thema ist in die Schmuddelecke gerückt worden", kritisiert sie. Dabei könne der Strom, der im Wärmegewinnungsprozess quasi als "Abfallprodukt" anfällt, effizient, ressourcenschonend und CO2-sparend erzeugt werden. "Außerdem sind derartige Anlagen ein klares Bekenntnis zum Standort, sichern damit Arbeitsplätze und benötigen wenig Infrastruktur", so Loske. ThyssenKrupp und der VIK befürchten eine enorme Belastung durch die EEG-Umlage. "Bei unserem jährlichen Strombedarf von vier bis fünf Terrawattstunden bedeutet die EEG-Umlage eine Mehrbelastung von 300 Millionen Euro. Das wäre faktisch das wirtschaftliche Aus", so Klaus Kesseler, Senior Manager im Bereich Umwelt und Klimaschutz der ThyssenKrupp Steel Europe AG. "Heute haben wir in Deutschland 300 Prozent höhere Erdgaskosten und 200 Prozent höheren Stromkosten als in den USA. Da wächst ein riesiger Konkurrent heran", warnte Kesseler. Jede Zusatzbelastung gefährde angesichts dieser Zahlen die Standorte in Europa. Es käme deshalb entscheidend darauf an, dass die Bestandsschutzregelung weiterhin in Kraft bleibt. "Energieeffizienz ist essenziell für unser Unternehmen", so Kessler.

Dr. Annette Loske fürchtet, dass die Politik die Effizienz hemmt: "Die Frage ist, wie weit man überhaupt noch modernisieren darf, um unter den Bestandsschutz zu fallen", sagt die VIK-Chefin und verweist auf den Beitrag, der mit der Eigenstromversorgung in Industrieunternehmen zur Energiewende geleistet wird. "Die erneuerbaren Energien schaffen es nicht alleine. Wir brauchen effektive Kraftwerke — da kommt die Industrie ins Spiel", so Loske. Diese trage immens zur Energiewende bei, indem sie Strom selbst erzeugt und somit vermeidet, dass Strom ins Netz eingespeist werden muss, den die Allgemeinheit erzeugen müsste. Der VIK fordert deswegen einen vollumfänglichen Vertrauensschutz, also eine Befreiung von der EEG-Umlage, für bestehende, aber auch für neue Eigenerzeugungslagen, in denen anfallende Reststoffe energetisch genutzt werden. "Wir sind dem sorgsamen Wirtschaften mit Ressourcen vorausgeeilt. Dafür dürfen wir nicht bestraft werden", so Kesseler.

Am Standort Duisburg erzeugt ThyssenKrupp täglich 45 Millionen Kubikmeter Kuppelgase. Mit dieser enormen Menge könnte man das Gasometer in Oberhausen, das als das zweitgrößte weltweit gilt, 150 Mal füllen. Da das Stahlunternehmen diese Mengen nicht speichern kann, sei es wichtig, die Gase direkt zur Stromgewinnung zu verwenden. "Sonst müsste man alles ungenutzt abfackeln", so Loske. Auch eine getrennte Wärme- und Stromherstellung sei weniger effizient.

(RP)
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