Duisburg Durch die Röhre nach Alsum

Duisburg · Er wurde zwischen 1909 und 1912 gebaut, und weil der Kult-Kommissar dort durchfuhr, heißt der Matena-Tunnel im Volksmund "Schimanski-Tunnel". Dass er nun unter Denkmalschutz gestellt werden soll, hat gewichtigere Gründe.

 So sieht der Tunnel heute aus. Nur wenige Autos fahren durch die dunkle Röhre unter dem Thyssen-Krupp-Gelände.

So sieht der Tunnel heute aus. Nur wenige Autos fahren durch die dunkle Röhre unter dem Thyssen-Krupp-Gelände.

Foto: Probst, Andreas

Wer heute die enge, dunkle, kopfsteingepflasterte, rund 400 Meter lange Röhre unter dem ThyssenKrupp-Gelände durchquert, der kann schnell Beklemmungen bekommen. Dass hier einst die Verbindung des Fischerdorfes Alsum an der alten Emschermündung mit der Bauernschaft Bruckhausen war, lässt sich heute nur noch schwer oder gar nicht mehr nachvollziehen. Die älteste Flurkarte von 1727 zeigt die ursprüngliche Verbindung aus vorindustrieller Zeit noch auf.

Zugänge auf das Werksgelände

Als die Gewerkschaft Deutscher Kaiser das Werk Bruckhausen errichtete und ein benachbartes Wohnquartier entstand, war das Gelände plötzlich geteilt: Im nördlichen Teil befand sich das Walzwerk, im Süden der Hochofen und die Schachtanlage. Durch die Verlegung der Straße unter die Erde entstand ein Tunnel, durch den auch die Straßenbahn fuhr und von wo die Arbeiter auch unterirdische Zugänge auf das Werksgelände hatten. Zudem bedeutete der Tunnel Schutz für Fuhrwerke und Passanten vor heißem Staub aus dem Werk. Hinter dem Ostportal gab es früher einen parallel zum Haupttunnel gelegenen, schmalen Fußgängertunnel. Als das alte Dorf Alsum 1965 schließlich aufgegeben wurde, verlor der Matena-Tunnel einen Teil seiner Bedeutung. Damals wurde auch die Straßenbahnverbindung eingestellt.

Heute ist der Tunnel nur noch von geringer Bedeutung für den Verkehr. Industriegeschichtlich ist er aber so bedeutend, dass er unter Denkmalschutz gestellt werden soll. Er steht für eine Vergangenheit des Duisburger Nordens, die sonst kaum mehr greifbar ist: Von der Bauernschaft Bruckhausen ist nichts mehr übrig geblieben; das alte Fischerdorf Alsum, 1139 erstmals urkundlich erwähnt, musste der Industrie weichen und ist vollständig verschwunden. Der "fortdauernde industrielle Transformationsprozess im Duisburger Norden", so heißt es in der Vorlage für die Bezirksvertretung, sei nicht mehr erlebbar.

Alsum hatte 1933 noch 3360 Einwohner und wurde während des Krieges in den Jahren 1944 / 1945 schwer beschädigt. Die historische Bedeutung, aber auch die Ausgestaltung des Matena-Tunnels und städtebauliche Gründe sind nach Ansicht des Denkmalschutzamtes Grund genug, den Tunnel unter Schutz zu stellen. In ihrer heutigen Sitzung wird sich die Bezirksvertretung Meiderich / Beeck mit diesem Thema befassen.

Der Tunnelbau im 19. und 20. Jahrhundert wurde vor allem durch Eisenbahntunnel geprägt. Daneben gab es flussunterquerende Tunnel wie unter der Themse in London oder den Hamburger Elbtunnel. Der Matena-Tunnel sollte eine unterirdische kreuzungsfreie Verbindung schaffen, eine für das beginnende 20. Jahrhundert bedeutsame infrastrukturelle Errungenschaft.

(RP/ac)
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