Duisburg Durch alltägliche Gespräche Deutsch lernen

Duisburg · Ursula Servas ist seit einem Jahr ehrenamtlich als Sprachpatin bei der Awo in Wanheimerort aktiv.

 Ursula Servas ist seit einem Jahr bei der Awo Flüchtlingshilfe als Sprachpatin im Einsatz.

Ursula Servas ist seit einem Jahr bei der Awo Flüchtlingshilfe als Sprachpatin im Einsatz.

Foto: Lars Fröhlich

Als sich ihre Arbeitszeit dem Ende zu neigte und die Rente immer näher rückte, machte sich Ursula Servas im Sommer 2016 auf die Suche nach einer neuen Aufgabe. Etwas Gutes wollte sie tun, die Freizeit sinnvoll nutzen bei einer fordernden Tätigkeit. Im Winter wurde sie fündig und ist mittlerweile seit knapp einem Jahr engagiert als Sprachpatin bei der Awo in Wanheimerort tätig. Sie übt mit Flüchtlingen Deutsch, plaudert und hört zu. Die teils traurigen Geschichten nehmen sie zwar mit, ermutigen sie jedoch, mit ihrer Arbeit weiterzumachen.

Als Managerin in der Finanzverwaltung hat die Neuenkamperin jahrelang gearbeitet. Der Beruf hat ihr Spaß gemacht, gerade der Kontakt mit Kollegen aus dem Ausland und fremden Kulturen hat ihr immer besonders gefallen. "Ich entschloss mich, damit weiterzumachen, weiter neue Menschen aus verschiedenen Kulturen kennezulernen", sagt sie. "Außerdem reizt mich der soziale Aspekt. Es ist schön, etwas Gutes zu tun", sagt sie zufrieden.

In der Tat lernt sie noch immer andere Kulturen kennen. Waren es damals im Beruf Mitarbeiter oftmals asiatischer Firmen, sind es jetzt Flüchtlinge, die überwiegend aus dem arabischen Raum oder aus Afrika stammen. Vom Facharbeiter bis hin zum Hochschulabsolventen, von der 20-Jährigen, bis zum Mittfünfziger sitzt ihr bei den Treffen so ziemlich jeder gegenüber. Alle mit demselben Anliegen: Sie wollen Deutsch lernen.

Einmal in der Woche kommt Servas mit drei anderen Sprachpaten in die Awo an der Düsseldorfer Straße, um dort nach den beiden Deutschkursen mit all jenen zu sprechen, die weiter an ihrem Deutsch feilen wollen. Anfangs blieb niemand, mittlerweile kann es sein, dass fünf bis acht Personen mit ihr und ihren Helfer-Kollegen quatschen wollen.

Einen Lehrplan verfolgen sie und ihre Kollegen nicht, es geht ums ganz einfache Sprechen, darum, dass die Flüchtlinge ein Gefühl für die Sprache im Alltag bekommen. "Ich bin keine Lehrerin, sondern führe einfache Gespräche mit den Flüchtlingen", sagt sie. Dabei forciert sie nicht, stellt keine zu persönlichen Fragen, aber sie hört zu. Das Sprachniveau der Gesprächspartner ist immer unterschiedlich. "Mit einigen muss ich sehr langsam sprechen, darf nicht zu komplizierte Themen ansprechen, andere hingegen haben schon äußerst gute Kenntnisse", erklärt sie.

Oft nimmt sie sich Zeitungsartikel mit, bespricht - je nach Sprachfähigkeit - einige aktuelle Themen, oder hört zu, wenn die Flüchtlinge versuchen, die Bilder zu beschreiben. Haben die Sprachpartner einmal Vertrauen gefasst, erzählen sie aber auch Persönliches, manchmal sehr bewegende Geschichten. "Sie kommen aus einer Welt, die wir uns kaum vorstellen können", sagt Servas. "Wenn man mir erzählt, wie Lebenspartner im Krieg gestorben sind, dann schmerzt mich das sehr", sagt sie. "Auch wenn sie sich an die Heimat erinnern, davon berichten, wie alles vom Krieg zerstört wurde, dann ist das manchmal nur schwer zu ertragen", sagt Servas. Doch sie hat gelernt, abends abzuschalten. "Wenn ich hier rausgehe, versuche ich die Geschichten hier zu lassen", sagt sie. Dann lenkt sie sich mit einem Besuch im Theater oder mit einem guten Buch ab. Um wieder Kraft zu schöpfen für das nächste Treffen.

(RP)
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