Interview mit Fritz Pleitgen Dunkle Schatten über Ruhr 2010

Interview mit Fritz Pleitgen · (RP). Interview Kulturhauptstadt-Chef Fritz Pleitgen lehnt Mitverantwortung ab

Interview mit Fritz Pleitgen: Dunkle Schatten über Ruhr 2010
Foto: ddp, ddp

Wann und wo haben Sie vom Unglück erfahren?

Pleitgen Ich war ein paar Stunden am Nachmittag in Duisburg, bin dann aber nach Hause gefahren, weil es mir auf Dauer einfach zu laut war. Im Fernsehen erfuhr ich dann von den Toten und habe mich sofort wieder auf den Weg gemacht. Der Fahrer erzählte mir unterwegs, dass seine Brüder auch auf der Loveparade seien, er aber keinen Kontakt zu ihnen bekam. So bekam ich schon da spüren, wie schrecklich diese Ungewissheit für die Angehörigen sein muss.

Haben Sie die Unglücksstelle schon besuchen können?

Pleitgen Gerade eben. Der Tunnel wirkt jetzt so, als könne er tatsächlich viele Menschen aufnehmen. Ich hätte nicht gedacht, dass dies zu einem Gefahrenort werden könnte. Aber der Andrang muss gestern gewaltig gewesen sein. Ich habe einen älteren Herrn gesprochen, der schon um 13 Uhr aus Panik aus dem Tunnel zurückgekehrt ist.

Die Loveparade gehörte mit zum Programm der Kulturhaupstadt . . .

Pleitgen Die Veranstalter haben uns damals vorgeschlagen, die Loveparade ins Programm von Ruhr 2010 zu nehmen. Das fanden wir alle gut, denn sie gehört meines Erachtens nach zu einer Metropole. Aber wir haben sie weder finanziert noch organisiert. Wir glaubten, sie sei in guten Händen.

War das zu blauäugig von der Kulturhauptstadt, dass man die Organisation aus der Hand gegeben hat, obwohl es zum eigenen Programm gehört?

Pleitgen Ich bezweifle, ob ich da etwas Sinnvolles hätte beitragen können. In der Tunnelfrage — das muss ich ehrlich gestehen — hätte ich vorher auch keine Empfehlung geben können. Ich muss mich da auf die Experten verlassen können, die das ja nicht zum ersten Mal gemacht haben.

Fühlen Sie sich mitverantwortlich?

Pleitgen Mich bedrückt das wahnsinnig. Ich will mich davor nicht drücken, aber eine planerische, konzeptionelle Mitverantwortung teilen wir bei bestem Wissen und Gewissen nicht. Wir haben weder gefordert noch angeregt, dass die Loveparade stattfinden soll.

Hat die Kulturhauptstadt — vor allem nach dem sehr fröhlichen Fest auf der A 40 — ihre Unbekümmertheit seit der Katastrophe von Duisburg verloren?

Pleitgen Ja, natürlich. Bei mir sowieso. Es ist jetzt ein schwerer Schatten auf die Kulturhauptstadt gefallen, den wir mit tragen müssen. Aber wir werden dennoch nichts absagen, denn wir haben ja keine lauten Veranstaltungen.

Werden Sie die Katastrophe von Duisburg denn als Thema ins Programm der Kulturhauptstadt aufnehmen?

Pleiten Am 12. September wird als nächstes Großereignis von Ruhr 2010 Mahlers 8. Sinfonie in Duisburg aufgegführt. Wir denken darüber nach, dies zum Anlass zu nehmen, um den Opfern und den Hinterbliebenen der Loveparade zu gedenken.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort