Interview mit Sören Link vor der MIPIM in Cannes „Wir brauchen mehr mutige Investoren“

Duisburg · Vor der Gewerbeimmobilienmesse MIPIM in Cannes äußert sich der OB zur Immobilienwirtschaft, Brexit und Smart Citys.

 Projekte wie Mercator One  auch bei der MIPIM ein Thema.

Projekte wie Mercator One auch bei der MIPIM ein Thema.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Vor der Messe erläutert Stadtoberhaupt Sören Link, worauf es für ihn bei der Stadtentwicklung ankommt.

Auf der MIPIM präsentieren sich neben der Immobilienwirtschaft auch die Städte und Regionen. Wie steht es um das Verhältnis von Politik und Immobilienwirtschaft in Ihrer Stadt? Funktioniert das Zusammenspiel? Ist dies in irgendeiner Form institutionalisiert?

Link Im Juli 2018 haben wir das Dezernat für Wirtschaft und Strukturentwicklung eingerichtet, dessen Beigeordneter auch Mitgeschäftsführer der GFW Duisburg ist. Durch die engere Verknüpfung können Wirtschaftsinteressen besser in die Entscheidungsprozesse des Verwaltungsvorstands eingebracht werden. Ein Herzensanliegen ist mir die Teilnahme an der jährlichen Investorenrundreise, bei denen wir aktuelle Projekte einem Kreis potenzieller Investoren vorstellen. Die Resonanz darauf kann sich sehen lassen; der ein oder andere Branchenakteur hat Duisburg für sich entdeckt. Wir arbeiten daran, diese Entwicklung auszubauen. Beispiele einer gelungenen Kooperation von Politik und Immobilienwirtschaft sind auch die Gewerbeimmobilienmesse GIMDU der Duisburger Wirtschaftsförderung, die diesjährig zum dritten Mal durch mich eröffnet wird. Auf der Expo Real sind ebenfalls politische Repräsentanten vertreten.

Die Immobilienwirtschaft formuliert immer wieder Wünsche an die Politik. Welche Wünsche haben Sie umgekehrt?

Link Der Wunschzettel ist nicht lang, aber gewichtig: Mehr Eigeninitiative der Immobilienwirtschaft, auch bei der Entwicklung von Brachflächen, steht dabei an erster Stelle. Ich bin sicher, dass sich Engagement und auch Mut auszahlen. Gleiches gilt für die Vorvermietungsquoten beim Bau neuer Gewerbeimmobilien. Anders als in Metropolen wie Düsseldorf wird in einer B-Stadt wie Duisburg kaum bis gar nicht ins Risiko gebaut. Aber gerade B-Städte sind es, die zurzeit nachweislich höhere Renditechancen bieten. Wenn man wartet, bis eine bestimmte Vorvermietungsquote gesichert ist, kann es sein, dass der erste Kandidat abspringt und man wieder bei null anfangen muss.
Das ist umso schwerwiegender, als dass wir eine viel zu geringe Leerstandsquote haben. Die Nachfrage nach gewerblichen Flächen ist da. Wir brauchen aber mehr mutige Investoren wie Torsten Toeller, der mit dem repräsentativen Projekt ‚Mercator One‘ aufzeigt, wie ein Best Practice mit Stadtentwicklungsbezug aussehen kann.

Der Brexit ist ein anderes aktuelles Thema. Zur Abwechslung mal nicht auf Staaten- oder EU-Ebene, sondern lokal und ganz konkret: Welche Bedeutung und Auswirkungen hat das Thema für Ihre Stadt? Spielen Städtepartnerschaften dabei eine Rolle?

Link Die wirtschaftlichen Folgen des Brexits werden auch für die Duisburger Unternehmen spürbar sein, denn der Marktzugang zu Großbritannien wird erheblich schwerer. Das gilt insbesondere für Firmen mit Konzernsitz „Großbritannien“, Unternehmen mit Import-Export-Beziehungen sowie die Logistik von und nach Großbritannien. Die Kontrollen an den neuen EU-Außengrenzen zu UK werden diese Unternehmen empfindlich treffen. Zulieferbeziehungen werden dadurch gefährdet. Einzig positiv an einem Brexit ist die Chance, dass englische Firmen ihre Headquarter nach Europa verlagern. Auch Duisburg könnte dabei aufgrund der Internationalität seiner Einwohner, seiner Lage und Fachkräfteverfügbarkeit eine Rolle spielen.“ Portsmouth, eine Hafenstadt an der Südküste Englands, ist Duisburgs Partnerstadt. Interkulturell spielt der Brexit bestimmt eine Rolle, weil Städtepartnerschaften ja auch gelebte Städtefreundschaften sind; allerdings unterhalten wir zu Portsmouth keine intensiven Wirtschaftsbeziehungen.

„Smart Cities“ sind in aller Munde. Mit der Digitalisierung geht es dabei oft um technologiebasierte Inhalte und Wege. Doch digitale Technologien sind das eine, physische Strukturen einer Stadt das andere. „Perfect small cities versus real emotional cities“ hieß vor kurzem eine Überschrift. Welche Aspekte stehen für Sie im Vordergrund?

Link Ganz klar: die Nachhaltigkeit. Seit August 2018 gibt es den „Green City Plan“ für Duisburg, der Aspekte von Digitalisierung und Nachhaltigkeit vereint. Er gibt Antwort auf die Frage, wie die Mobilität der Zukunft aussehen wird. Damit Duisburg zur smarten City werden kann, müssen Technologie und stadtplanerische Tätigkeiten intelligent miteinander verknüpft, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmensakteure mit einbezogen werden.
Auf dem Weg zur „Smart City“ hat jede Stadt ihr Alleinstellungsmerkmal. Das verlangt nach einer individuellen Strategie. So ist Duisburg trotz aller Diversifizierung ein Logistik-Hotspot mit beachtlichem Industrieanteil.
Die im ‚Masterplan Digitalisierung‘ festgeschriebenen Projekte tragen beidem Rechnung. Sie reichem vom digitalen Genehmigungsverfahren über ein smartes Baustellenmanagement bis hin zur intelligenten Straßenbeleuchtung. „Wirtschaft, Wohnen und Arbeiten sollen smart werden, um zur Verbesserung der Lebensqualität beizutragen.

Die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung führte das Interview mit Sören Link.

(RP)
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