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Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Duisburger lehnen höflich die Jagd ab

Duisburg · Herzog Wolfgang Wilhelm von Jülich-Berg und Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg (1578-1653) ordnete die "gäntzliche Ausrottung und Vertilgung" der Wölfe an. Die Landbevölkerung musste aus jedem Haus einen Bauern zur Wolfsjagd stellen.

Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten: Duisburger lehnen höflich die Jagd ab
Foto: Patrick Pleul

Kein Tier hat die Fantasie des Menschen so beflügelt wie der Wolf. Der wurde seit Jahrhunderten als "Untier und Monster" verteufelt. Im 17. Jahrhundert hatte sich der Wolf im Duisburger Süden stark vermehrt. Zu seinen Beutetieren gehörten Rehe, Rothirsche und Wildschweine. Übers Jahr gerechnet frisst nach heutigen Hochrechnungen von Biologen ein fünfköpfiges Wolfsrudel etwa 130 Rehe, 40 Rothirsche und 20 Wildschweine.

Damit griff er in die Jagdhoheit des Adels ein und dezimierte ihre Erträge. Das rief den Herzog Wolfgang Wilhelm von Jülich-Berg und Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg (1578-1653) auf den Plan. Der ordnete die "gäntzliche Ausrottung und Vertilgung" der Wölfe an. Die Umsetzung der Anordnung lag beim damaligen Besitzer von Schloss Heltorf, Johann Bertram von Scheidt, genannt Weschpfennig (1580-1662). Erst nach dem Tod Weschpfennigs (Beiname bedeutet Silbermünze) im Jahr 1662 kam Schloss Heltorf in den Besitz des Grafen von Spee. Die organisierte Wolfstreibjagd mutet aus heutiger Sicht wie ein militärischer Schlachtenplan an. Es war genau geregelt, welches Dorf wann, an welcher Linie anzutreten hatte. So umfasste der Jagdplan aus dem Jahr 1647 das Gebiet von Mintard, Ratingen, Lintorf, Angermund und Rahm. Das erforderte viele Helfer.

Die Landbevölkerung musste aus jedem Haus einen Bauern zur Wolfsjagd stellen. Für Verpflegung, Lanzen, Heugabel und Knüppel mussten die Dorfbewohner selbst sorgen. Außerdem wurden die Bauern verpflichtet, Wolfsgarne für Absperrnetze herzustellen und bereitzuhalten. Diese Netze wurden mit Stützen und Zugseilen aufgespannt, um den Wolf zu fangen.

Ein "Wolfsgarn" war bis zu 200 Meter lang, zwei Meter breit, 300 Kilo schwer und aus Hanfseil geflochten. Die Wolfsjagd zog sich oft über Tage und Nächte hin und war bei den Untertanen äußerst unbeliebt. Die Treiber mussten oft mehrere Nächte in unzugänglichem Gelände und im Wald verbringen. Der wirkte in der Dunkelheit unheimlich und schaurig. Ständig raschelte und knackte es irgendwo, weil viele Wildtiere den Wald als Rückzugsraum nutzten. Manche Helfer schlotterten vor Angst bei der Vorstellung von Kobolden, Hexen, Werwölfen und Teufeln, die im Wald ihr Unwesen trieben.

Die Propaganda der kirchlichen Dämonenlehre war tief verwurzelt und konnte an Ängste in der Landbevölkerung anknüpfen. Bei diesen "Arbeitsbedingungen" verwundert es nicht, dass die Treiber oft nicht in gewünschter Anzahl gestellt wurden. Es war zwar möglich, sich von der missliebigen Arbeit freizukaufen, aber das konnte sich ein armer Bauer oder Ackerbürger nicht leisten. Ansonsten waren nur Schöffen, Geistliche und der Adel freigestellt.

Die Begeisterung des Duisburger Magistrats über die angeordnete Wolfsjagd hielt sich daher in Grenzen, als der Wildfänger Jan van Berg auftragsgemäß die geplante Wolfsjagd am Samstag, den 9. April 1639 anzeigte. Die eindeutige Forderung des Besitzers von Schloss Heltorf, Johann Bertram von Scheidt, genannt Weschpfennig, lautete: "Das Volk habe um 7 Uhr auf der Schneise zu sein und das Garn (Wolfsfangnetz) mitzubringen".

Die Antwort des Stadtsekretärs fiel höflich, aber deutlich aus: "Die Duisburger könnten die Jagd nicht mitmachen und sehen sich außerstande ein Wolfsnetz zur Verfügung zu stellen". Ob der sich anbahnende Konflikt eskalierte, ist nicht überliefert. Die Verhängung von Strafgeldern gegenüber einzelnen Bauern, die sich entzogen, war sicherlich einfacher durchzusetzen als gegen eine Stadt wie Duisburg, die sich solidarisch verweigerte. Stadtluft macht frei - deutete sich hier gar ein neues Selbstbewusstsein der Stadt Duisburg gegenüber dem Adel an? Zurück zum Wolf: Die Resultate der Wolfsjagden der damaligen Zeit sind nicht eindeutig quantifizierbar. Wölfe sind klug und ziehen sich bei drohender Gefahr zurück. Tatsache ist, dass bis ins 18. Jahrhundert hinein vier Wölfe im Duisburger Süden heimisch waren. So hatte 1718 eine Wölfin 27 wilde Fohlen niedergerissen, gewürgt und gefressen. Die Zeit der großen Wolfsjagden war allerdings vorbei. Jetzt setzte die Obrigkeit auf Prämien für Wolfsjäger, die mit Tellereisen, Wolfangeln (mit Ködern versetzte Widerhaken) und vergiftetem Fleisch den Wolf grausam töteten. Den Rest erledigte die aufkommende Industrialisierung.

Aus unserer Region verschwand Canis lupus Anfang des 19. Jahrhunderts. Es wurde still um die Wölfe in Duisburg. Aber vielleicht ändert sich das bald: In der vergangenen Woche hat eine Frau, wie berichtet, in der Nähe von Gummersbach einen frei laufenden Wolf gesichtet und fotografiert!

(RP)
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