Duisburger Geschichten und Geschichte Der umtriebige Doktor Kortum

Serie | Duisburg · Die Biographie des Mediziners Kortum spiegelt Medizin-und Sozialgeschichte im Ruhrgebiet wider. Im Bergbau war medizinische Hilfe allemal gefragt. Ein Blick in die Historie.

 Carl Arnold Kortum (1745-1824) war Arzt, Alchimist und Dichter.

Carl Arnold Kortum (1745-1824) war Arzt, Alchimist und Dichter.

Foto: Harald Küst

Während Mülheim und insbesondere Bochum mehrere Denkmäler dem Arzt und Literaten Carl Arnold Kortum widmen, erinnert in Duisburg nur die Kortumstraße in Neudorf an den umtriebigen Doktor Kortum. Immerhin hat der Autor der Jobsiade im Stadtmuseum einen gebührenden Platz erhalten. Kortums Biographie liefert vielfältige Eindrücke über den Stand der Medizin Ende des 19. Jahrhunderts und die Lebensverhältnisse der Menschen.

Er kam am 5. Juli 1745 in Mülheim zu Welt, besuchte von 1760 bis 1763 das Gymnasium in Dortmund und studierte anschließend an der Alten Universität Duisburg Medizin. An der medizinischen Fakultät waren es zwei Professoren, die Bedeutung und Ruf hatten: Johann Gottlieb Leidenfrost (1715-1791) und Christian Arend Scherer (1714-1777). Beide standen auf der Höhe der medizinischen Wissenschaft ihrer Zeit und motivierten C.A. Kortum, praxisnahe medizinische Kenntnisse der Bevölkerung nahe zu bringen. Dazu gehörte beispielsweise  die 1779 erschienene Schrift „Anweisung wie man sich vor alle ansteckende Krankheiten verwahren könne, für solche die nicht selbst Ärzte sind“. Der umtriebige Kortum veröffentlichte auch Texte zur Bienenzucht oder zur „Verteidigung der AIchemie“ (1789). Übermäßiges Tabakrauchen lehnte er ab: „...macht das Gehirn stumpf und beraubt den Körper seiner nützlichen Säfte.“

Nach drei Jahren Studium bestand Kortum seine ärztliche Prüfung, erwarb durch eine 1766 gedruckte Dissertation über die Epilepsie den Doktortitel und ließ sich, nachdem er noch ein halbes Jahr in Berlin hauptsächlich Anatomie und Chirurgie studiert hatte, als Arzt in Mülheim nieder. Kaum 23 Jahre alt, verheiratete er sich hier 1768 mit Margaretha Ehinger. Seine Ehefrau und einige Verwandte stammten aus Bochum, das erklärt , dass er sich im Jahre 1770 in dem kleinen Nest mit 1500 Einwohnern niederließ. Dort gab es den aufstrebenden Kohlenbergbau, der den Menschen Arbeit verschaffte. Es war eine Zeit, in der tüchtige, akademische Ärzte noch selten waren und Dorfbader und Feldscherer als Wundärzte zweiter Klasse ihre Patienten behandelten. Sie hatten eine dreijährige handwerkliche Lehre absolviert, um sich neben der Fertigkeit des Rasierens und Scherens auch Wissen und Handgriffe der „löblichen Chirurgie“ anzueignen. Ab 1792 wurde die Behandlung kranker Bergleute in die Verantwortung  eines akademisch ausgebildeten Arztes gelegt, der die Aufsicht über die weiter handwerklich ausgebildeten Wundärzte führte. In Bochum wurde Kortum von 1792 bis 1807 als erster Bergarzt nördlich der Ruhr tätig. Eine Dienstanweisung der Knappschaft regelte damals detailliert die Krankenbehandlung verletzter oder erkrankter Bergleute. Die Arbeit war belastend, das Unfallrisiko auf den Zechen hoch. Unter Tage kam es oft zu Knochenbrüchen, Verbrennungen und schweren Verletzungen, die versorgt werden mussten.

1797 bekam Kortum in seinem Sohne Johann Carl Arnold, der gleichfalls die Universität Duisburg besucht hatte, eine Unterstützung. Mit der Tätigkeit des Vaters als Bergarzt hing es wohl zusammen, dass der junge Kortum 1798 ein „Gesundheitsbüchlein für Bergleute“ schrieb. Vater und Sohn arbeiteten 10 Jahre lang zusammen. Wie Kortum selbst mitteilt, hatten sie „an manchen Tagen 20, 30, 40, 50, 60, ja einmal 72 Patienten zu bedienen“. Bei Kortum reifte im Laufe der Zeit der Gedanke, „die ihm lästige und in jeder Hinsicht nachteilige Stelle als Bergarzt niederzulegen“. Gleichwohl behandelte er arme Bergleute, „deren Zutrauen er hatte, gerne und umsonst.“ Am 4. März 1807 erlag sein Sohn der Tuberkulose. Diesen Schicksalsschlag hat sein Vater nie verwunden. Er selbst starb 80-jährig am 15. August 1824. Ihn überlebten seine Frau, seine Tochter, sieben Enkel und zehn Urenkel.

Neben seiner ärztlichen Tätigkeit schuf Kortum das grotesk-komische Heldengedicht in Knittelversen: Die „Jobsiade“. Eine humorvolle Satire auf Spießertum, Dummheit und Studentenleben: „Die meisten aber, anstatt zu studieren, taten ihre Gelder verschlemmieren / und lebten lustig und guter Dinge, indessen die edele Zeit verging.“ Die Geschichte des Studenten Job wurde später von Wilhelm Busch illustriert.

Quellen: Stadtarchiv Mülheim, Jobsiade, KSM, Heimatbuch 1928, Vom Bergarzt Dr. C.A. Kortum. Bergbaumuseum Bochum (DBM) Bernhard Kleff, Hg.: Bochum. Ein Heimatbuch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort