Duisburger Geschichten und Geschichte Der Baum der Ewigkeit

Serie | Duisburg · Die Eibe umgibt eine geheimnisvolle Aura. Sie ist die einzige lebensgefährlich giftige einheimische Baumart. Eine Waldführung vermittelt unbekannte Aspekte.

 Baum, Zweig und Frucht – das ist die Eibe.

Baum, Zweig und Frucht – das ist die Eibe.

Foto: Harald Küst

Eine Duisburger Waldführung mit Mercators Nachbarn beschränkt sich nicht nur auf Bodendenkmäler wie den Heiligen Brunnen oder den Steinbruch. Andrea Gropp und Roland Wolf gehen bei ihrer Führung neben historischen Fakten auch auf Mythen ein, die mit einem geheimnisvollen Baum, der Eibe, verbunden sind. Eigenschaften wie das dunkle Grün und vor allem die tödliche Giftigkeit der Nadeln und Samen führten dazu, dass man der Eibe früher Abwehrkräfte gegen böse Geister zuschrieb. Die Eibe war im heutigen Duisburg-Mülheimer Wald wahrscheinlich weiterverbreitet als heute. Undurchdringliche Wälder aus Eiben im Verbund mit der stacheligen Stechpalme (Ilex) boten den einheimischen Stämmen Schutz vor Angreifern.

„Da die Eibe nur sehr langsam wächst, aber wegen ihres festen und elastischen Holzes von jeher sehr begehrt war, ist sie heute sowohl durch frühere Übernutzung als auch durch die Erfordernisse der modernen Forstwirtschaft aus Europas Wäldern zurückgedrängt“, erläutert Roland Wolf an einem der beeindruckenden Eibenhaine, wie sie heute immer noch am Duisburger Kammerberg zu finden sind.

Das Eibenholz lieferte das Rohmaterial zur Anfertigung von Wasserrädern, Zapfen und Waffen. Ein weiterer Grund der Dezimierung der Eibenbestände war das tödliche Gift der Nadeln und Samenkerne. Nahezu alle Teile des Baumes enthalten das hochgiftige Alkaloid Taxin, das im Frühjahr, wenn noch nichts anderes grünte, oft Pferde und Rinder das Leben kostete. Holzfäller, Bauern und Fuhrknechte griffen zur Axt und beseitigten die Eibenwälder. Rehe, Hirsche und Ziegen vertragen dagegen das Taxin ebenso wie manche Vögel, zum Beispiel Grünfink, Kohlmeise, Kleiber und Specht.

Das wertvolle Holz war im Mittelalter auf dem Markt begehrt – kriegerische Auseinandersetzungen wurden oft mit Langbögen aus Eibenholz entschieden. Der zur Jagd und Kriegsführung geschätzte Bogen bestand außenseits aus dem hellen elastischen Splintholz und innen aus dem harten rötlichen Kernholz, das für die Stoßkraft sorgte. Diese Materialeigenschaft führte zu enormer Reichweite und Durchschlagskraft. Ein Pfeil von einem Eibenbogen durchschlug locker eine Eisenrüstung eines angreifenden Ritters oder tötete sein Pferd. Eine starke Nachfrage nach Eibenholz kam insbesondere aus England. Da die eigenen Waldbestände nicht mehr reichten, musste das Holz vom Kontinent importiert werden. Eibene Kampfbögen gehörten zu den wichtigsten Kriegswaffen des spätmittelalterlichen Englands. Die englischen Langbogenschützen waren gefürchtet. Da zudem der zerstoßene Eibensamen zur Vergiftung von Pfeilspitzen genutzt wurde, sprach schon Shakespeare vom „zwiefach tödlichen Eibenbogen“. Auch der legendäre Bogenschütze Robin Hood nutzte den Langbogen.

Heutzutage ist die Eibe eine der beliebtesten Heckenpflanzen in Vorgärten und Parkanlagen. Aber auch auf Friedhöfen stehen Eiben – ihre immergrüne Ausstrahlung über das Jahr hinweg machten sie schon sehr früh zum Symbol des ewigen Lebens.

Als Gift- und Heilpflanze hat die Eibe eine uralte Tradition. Man sollte aber keinesfalls Nadeln oder Fruchtsamen verspeisen, um nicht in der Notaufnahme zu landen. Atemlähmung und schneller Tod drohen. Sie kann allerdings auch Leben retten. Der Inhaltsstoff Taxol der Eibe, der mittlerweile synthetisch hergestellt werden kann, wird in der medizinischen Forschung als ein wirksames Medikament gegen einige Krebsarten genutzt.

Zum Weiterlesen: Mythos Baum: Geschichte - Brauchtum - 40 Baumporträts, Doris Laudert

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