Duisburger Geschichte und Geschichten Mercators Globus nachgebaut

Duisburg · Ein britischer Globenbauer rekonstruiert originalgetreu historische Globen.

 Ein Faksimile des Mercator Himmelsglobus. Auch im Zeitalter von Google Maps haben sie ihren Reiz nicht verloren.

Ein Faksimile des Mercator Himmelsglobus. Auch im Zeitalter von Google Maps haben sie ihren Reiz nicht verloren.

Foto: Greaves&Thomas

Trotz Google Maps und Navigationsgeräten gibt es eine Marktnische für historische Globen. Ganz in der Nähe der Duisburger Partnerstadt Portsmouth, auf der Isle of Wight, stellt die Manufaktur „Greaves &Thomas“ Globen von Hand her.

Der „Erdapfel“, gefertigt von dem Deutschen Martin Behaim, der Mercator-Globus und andere berühmte historische Globen gehören zum Verkaufsprogramm der Firma Greaves & Thomas. Es sind Faksimiles, die dem Original täuschend ähneln. In der Werkstatt werden historische und moderne Globen hergestellt. „Mit dem Bau von historischen Globen habe ich vor 30 Jahren begonnen“, so der Gründer James Bissell-Thomas. Die Auftragslage ist gut; derzeit beschäftigt er fünf Mitarbeiter.

 Kolorierarbeiten – filigranes Handwerk

Kolorierarbeiten – filigranes Handwerk

Foto: Greaves&Thomas

Aber wie kommt man auf die Idee, historische Globen verkaufen zu wollen? „Ich komme aus der Kunst- und Antiquitätenbranche und erkannte damals die Marktnische. Meine Erfahrungen in der Produktion und im Handel mit historischen Wappenschildern, Hutschachteln, Poloschlägern und überdimensionalen Tennisschlägern führten zur Erweiterung der Produktpalette“, berichtet James Bissel-Thomas. Da Originalgloben extrem teuer waren oder auf dem Markt nicht angeboten wurden, erschien es dem Pionier erfolgversprechend, die traditionelle Herstellung von Globen wiederzubeleben. Keine einfache Aufgabe. Viele Experimente und Versuche waren in der Anfangsphase notwendig. Das Innere der Kugel mit der Lagerung der Drehachse beruht auf jahrhundertealten Konstruktionsprinzipien. Die Qualität der Materialien wie Kleber, Papier, Leinen, Gips, Holz und Farben und handwerkliche Kunst spielen eine zentrale Rolle bei der Globenherstellung.

Die beiden Halbkugeln aus Gips werden mit Spezialkleber verbunden. Die alte Methode, bedruckte Segmente (Zweiecke) auf die Kugel zu ziehen, hat sich als Technik erhalten. Ein Computerprogramm überträgt allerdings heute die rechteckige Basiskarte in Segmente. Besondere Präzision und eine ruhige Hand erfordert dann das Aufkleben der Kartensegmente (12 bis 24 je nach Globendurchmesser). Zum Abschluss wird die Papieroberfläche von Hand kunstvoll bemalt, koloriert und versiegelt. Dabei kommt es auf die historisch anmutende Optik an. Die ist bei den Globen von Greaves & Thomas absolut perfekt.

 Kolorierte Segmente des Erdglobus

Kolorierte Segmente des Erdglobus

Foto: Foto: KSM-Zeitlupe

Tatsächlich wurden die Globen selbst von Experten versehentlich mit Originalen verwechselt. Das passierte ausgerechnet dem berühmten englischen Auktionshaus Christie im Jahr 1996. Ein Globus, der normalerweise für 160 englische Pfund abgegeben wird, wurde für ein Gebot von 4320 Pfund verkauft. Unnötig zu sagen, dass James Bissell-Thomas das Haus Christie auf den Fehler aufmerksam machte. Das renommierte Auktionshaus verkaufte später ein Globenpaar als Faksimiles, die von Greaves&Thomas hergestellt wurden. Trotz des Wissens, dass sie als Faksimiles gelistet waren, wurde ein Kaufpreis von 28.000 Pfund erzielt. Die englische Presse widmete dem Ereignis Schlagzeilen auf der Titelseite.

Die überzeugende „Patina“ der Globennachbauten bleibt das Markenzeichen der Manufaktur. Die Kunden kommen aus Großbritannien, den USA, Deutschland und Australien, berichtet Bissell-Thomas. Spezialanfertigungen für eine australische Schulaula mit einem Durchmesser von 2,165 Meter Durchmesser haben natürlich ihren Preis. Die Kreationen der Manufaktur findet man in Filmproduktionen, Bibliotheken, Bildungsstätten und Museen auf der ganzen Welt.

Spricht man mit Globenmachern, Historikern, Kartographen und Kunstkennern, so verbergen sich in den Globen kulturgeschichtlich bedeutsame Entwicklungen. Im 16. Jahrhundert wurden Globen zu einer Art Modeerscheinung und einem Macht- und Statussymbol. Hans Holbeins berühmtes Gemälde „Die Gesandten“ zeigt ein Globenpaar – eine Hommage an die Weltumsegelung Magellans im Jahr 1522. Historische Globen spiegeln zudem den Aufbruch zur Wissenschaftlichkeit und die Fortschritte der Vermessungstechnik wider.

Die Webseite von Greaves&Thomas zeigt zum Beispiel historische Behaim-, Mercator-, oder Coronelligloben. Faszinierende Kunstobjekte, die gut in ein rekonstruiertes Mercatorhaus passen würden, meint Werner Pöhling von Mercators Nachbarn.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort