Duisburger Geschichte und Geschichten Werwölfe, Zwerge und Holde Frauen

Duisburg · Die Duisburger Sagenlandschaft hat heidnische Wurzeln. Im Theater spiegelt aktuell die Wagner-Oper die alten Mythen wider.

 Zwerg Alberich und die Rheintöchter, von Knut Ekwall.  Bild: Billerantik.de

Zwerg Alberich und die Rheintöchter, von Knut Ekwall. Bild: Billerantik.de

Foto: Billerantik.de

Von Werwölfen in Duisburg-Meiderich berichten viele Überlieferungen. Man glaubte, dass ein Mensch, der eine Untat begangen hatte, sich des Nachts in einen Wolf verwandeln würde. Der Werwolf lauerte harmlosen Menschen auf, sprang dem Opfer brutal in den Nacken, bis dieses erschöpft zusammenbrach. In einem Fall gelang es dem wehrhaften Opfer, den Wolf mit einem Messer zu erstechen. Der Werwolf verwandelte sich wieder in einen Menschen und war damit von seiner Untat erlöst. Hier wird der Gestaltwandel von Monstern aus uralten griechischen und germanischen Mythen in einer Erzählung mit dem christlichen Erlösungsbegriff verknüpft.

Das wird insbesondere im „Mirakel vom Buschmannshof“ deutlich. In der bedeutenden Überlieferung aus dem 15. Jahrhundert erscheint der Geist des Großvaters in Hundegestalt, der den Enkel vor „Holden Frauen“ und Zwergen warnt, weil sie heidnischen Ursprungs seien. Die gruseligen Erzählungen werden mit einer christlichen Botschaft verknüpft. Der Glaube, dass durch Ablässe die Zeit der Läuterung im Fegefeuer abgekürzt werde, war im Mittelalter weit verbreitet. Wer für die Seelen der Verstorbenen Messen lesen ließ, betete, Almosen spendete und Wallfahrten unternahm, erreichte „Strafnachlass für die Toten“ und tat etwas für das eigene Seelenheil – eine klassische Win-win-Situation.

Die Vorstellung von Opfergaben an Götter und Geistwesen findet man bereits in vorchristlicher Zeit. Neben Nahrungsmitteln oder Tieren wurden auch Waffen geopfert. Das im Duisburger Wald gefundene Bronzebeil am Heiligen Brunnen mag ein solcher Fall sein. „Das Beil könnte ein Gabe an die Götter sein“, so Dr. Andrea Gropp, stellvertretende Leiterin des Stadtmuseums: „Wir wissen es nicht. Aber es ist naheliegend, einmal wegen seines Fundortes, aber auch wegen der fehlenden Gebrauchsspuren.“

Der Duisburger Wald erscheint in den Sagen als bedrohliche und zugleich verlockende „Parallelgesellschaft“. In Duisburg dominieren Erzählungen über verschlagene, unter „krausen Bäumen“ lebende Zwerge und die „Holden Frauen“, die in „wilder Jagd“ durch die Wolken reiten. Bei den Gebrüdern Grimm erscheint die ehemals wilde germanische Wettergöttin als eher biedere Frau Holle. Ob Zwerge oder „Holde Frauen“, beide erwarten, dass der Herd in jeder Wohnung gesäubert und ihnen Speisen darauf hingestellt werden. Wer diese Wesen achtete und ihrem Willen entsprach, wurde mit Segen und Heil belohnt. Doch wer sie missachtete und ihre heilige Stätte des Herdes ungereinigt liegen ließ, dessen Haus musste mit Verderben und Untergang rechnen. Andrea Gropp: „Die Menschen hofften, dass sie mit Opfergaben Götter und Dämonen besänftigen können, um vor Naturgewalten, vor Stürmen, Missernten, Krankheiten und privaten Schicksalsschlägen geschützt zu werden.“

Und noch heute werden Münzen in Brunnen geworfen oder Kerzen gespendet – aus einer uralten Tradition heraus, deren Sinn es einmal war, sich eine höhere Macht gewogen zu machen, auch wenn das heute nur noch den wenigsten bewusst sein dürfte. Die germanischen Göttermythen gingen mit der Christianisierung unter, wurden umgeformt und tauchten erst mit der Nationenbildung im 19. Jahrhundert wieder auf. Die Deutschen begannen, sich über Sprache und Kultur zu definieren. Jakob und Wilhelm Grimm widmeten sich der vorgeschichtlichen Mythologie und deren Nachklang in Märchen und Sagen.

Die Erzählungen dienten im
19. Jahrhundert auch Richard Wagner als geistige Grundlage für unser kulturelles Selbstbewusstsein. Im „Ring des Nibelungen“ finden sich unbändige Gier, grenzenlose Liebe, abgründiger Hass und auch zehrender Neid wieder. Diese Eigenschaften charakterisieren eben die Protagonisten, seien es Menschen, Götter, Zwerge, Riesen, sphärische Wesen oder auch grollende Naturgewalten. Mit Wagner taucht der Duisburger Theaterbesucher somit ganz tief ein in die Gefühlswelt der Mythen.

Zum Weiterlesen: Der Heilige Brunnen, Duisburger Sagen, Legenden und Erzählungen, Karl Heck und Hans HomannZwerg Alberich und die Rheintöchter, Knut Ekwall, Bild: Billerantik.de

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