Duisburger Geschichte und Geschichten Stadtmauer bot Schutz und Sicherheit

Duisburg · Mauern werden oft als Beispiele für eine Abschottung gegen Migration angeführt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

 Der Angriff des Kölner Erzbischofs Dietrich auf die Stadtmauer im Jahr 1445 wird abgewehrt. Verlörkes Brück am Marientor, KSM (1901).

Der Angriff des Kölner Erzbischofs Dietrich auf die Stadtmauer im Jahr 1445 wird abgewehrt. Verlörkes Brück am Marientor, KSM (1901).

Foto: Harald Küst

Vor etwa 2000 Jahren gab es auf der gegenüberliegenden Rheinseite ein römisches Militär- und Zivillager: Asciburgium (Moers-Asberg). Als natürliche Grenze war der Rhein mit den Wachstationen Bonn, Köln, Neuss, Gellep, Asciburgium, Xanten und Nijmegen die Weiterführung des von den Römern als Grenzwall errichteten Limes. Entgegen der gängigen Annahme glich diese Grenze einer durchlässigen Zellmembran mit Alarmfunktion. Der Limes scheint aus römischer Sicht eher ein Instrument zur Regulierung der Handels- und Bevölkerungsströme gewesen zu sein. Zum wechselseitigen Nutzen. In allen Lebensbereichen, angefangen vom Handel, Weinbau, Thermen, Kunst und Bautechnik bis zu Sprache, Theater und Religion, zeigte sich der prägende Einfluss Roms. Viele der kampferprobten Franken verdingten sich im römischen Militärdienst und lernten Strategie und Waffentechnik kennen. Das führte zu wechselnden Allianzen und endete letztlich damit, dass die Franken die Römer immer mehr zurückdrängten.

Um 430/440 n.Chr. ließ sich Chlojo, ein fränkischer König, in Dispargum (Duisburg) nieder. Später überschritt der “erste Merowinger“ den Rhein, um weiter nach Westen zu ziehen, wo es Städte gab und reiche Beute lockte. Die rechtsrheinische Siedlung Dispargum war damals durch Wälle und Palisaden geschützt. Über viele Generationen bot sie unseren Ahnen Schutz und Sicherheit. Dem Wikingerüberfall im Jahr 883 konnte diese Befestigung allerdings nicht standhalten. Die gewaltbereiten Nordmänner überwinterten in Duisburg, brandschatzten und zogen sich erst nach Monaten vor dem herannahenden Frankenheer zurück.

Im Jahr 929 erfolgte dann der Ausbau des Königsitzes zur Pfalz. In der Folge sind mehr als 15 Aufenthalte von Königen und Kaisern in Duisburg bekannt. 1120 wurde die Stadtmauer angelegt und in einer zweiten Phase im 12./13. Jahrhundert vollendet.

Eine Stadtmauer zu errichten war damals ein Privileg, ebenso das Marktrecht, das durch den Kaiser verliehen wurde. Die Stadtmauer bot ihren Bürgern Schutz nach außen und garantierte gleichzeitig den Gerichtsstand am Ort. Neubürger entrichteten eine Aufnahmegebühr in Form von Leistungen oder Geld und legten den Bürgereid ab, mit dem Friedenspflicht und Waffenhilfe verbunden war. Unter Herzog Wilhelm V. war die Stadt für ihre liberale Haltung in Religionsfragen bekannt. Im 16. Jahrhundert profitierte Duisburg vom Zuzug flämischer Humanisten, die in der Zeit der Glaubenskriege hier Schutz suchten. Darunter auch Gerhard Mercator. Duisburg wurde zur Stadt der Gelehrten. Aber die Zeiten waren im 15. und 16. Jahrhundert alles andere als friedlich.

Die Duisburger Stadtmauer musste in ihrer Geschichte mehrfach Bewährungsproben überstehen. So konnte der Angriff des Kölner Erzbischofs Dietrich im Jahr 1445 erfolgreich abgewehrt werden. Im Truchsessischen Krieg (1584 bis 1588) fanden die Zisterzienserinnen innerhalb der Stadtmauern Schutz vor den marodierenden Söldnern des Schenk von Nideggen. Gerade noch rechtzeitig. Das Kloster in Duissern wurde von Nideggens Söldnern geplündert und gebrandschatzt, berichtet der ehemalige Stadtarchivar Joseph Milz. Das Prämonstratenserstift in Hamborn erlitt 1587 das gleiche Schicksal. Tatsächlich fielen Mauern mitunter – aber nur selten fielen sie schnell. Natürlich wusste jeder Festungsbauer, dass keine Mauer absolute Sicherheit bot. Hinter ihrem Schutz konnten sich Generationen von Duisburgern überlegen, wie sie am besten mit der Welt da draußen fertig wurden. Im Dreißigjährigen Krieg konnte man oft nur durch Verhandlungen und Zahlungen die Belagerer davon abhalten, die Stadtmauer zu zerstören. Die immensen Kosten für Unterbringung und Verköstigung der Besatzer hemmten lange die weitere Stadtentwicklung.

Die Duisburger Stadtmauer ist nie durch Eroberung gefallen, sondern entsprach technisch einfach nicht mehr den Anforderungen der Zeit und wurde im 17. und 18. Jahrhundert dem Verfall preisgegeben. Sie hatte aber Aufsichts-und Kontrollfunktionen und ermöglichte die Erhebung der Akzise (Verbrauchssteuer). Im 18. Jahrhundert wurden die der Mauer vorgelagerten Gräben zugeschüttet und die großen Stadttore zwischen 1815 und 1833 abgebrochen, nationalstaatliche Strukturen, neue Waffentechniken und die Industrialisierung machten Mauern überflüssig - nicht nur in Duisburg. Doch als Erinnerungsort sollten wir die Stadtmauer pflegen – sie bleibt ein starkes Symbol für den Schutz ihrer Bürger und die wirksame Durchsetzung von Recht und Gesetz.

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