Duisburg "Leas Hochzeit" im Theater: Zwischen Holocaust und Slapstick

Duisburg · Das Theatertreffen der 37. Duisburger Akzente "Nah und Fern - 300 Jahre Duisburger Hafen" hat begonnen. Zum Auftakt gastierte im gut gefüllten Theater keine der großen Bühnen aus Berlin oder Wien - die kommen später im Akzente-Programm -, sondern das gleichfalls renommierte Schauspielhaus Bochum. Gegeben wurde "Leas Hochzeit" ("Leedvermaak", 1982), das bekannteste Theaterstück der 1934 in Amsterdam geborenen Judith Herzberg.

 Szene aus Leas Hochzeit mit Therese Dörr und Torsten Flassig.

Szene aus Leas Hochzeit mit Therese Dörr und Torsten Flassig.

Foto: Landes

Während der NS-Zeit lebten die spätere Autorin und ihre beiden Geschwister getrennt voneinander in wechselnden nichtjüdischen Familien auf dem Land. Die Eltern wurden 1943 ins Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert und von dort im April 1945 mit einem Todestransport nach Theresienstadt geschickt. Der Zug wurde von der Roten Armee abgefangen, die Familie konnte wieder vereint werden. Das persönliche Schicksal der Autorin spiegelt sich auch in ihrem Meisterwerk, das 1972 in Amsterdam spielt. Es ist Leas dritte Hochzeit. Auf der Feier, von der wir auf der Bühne nur den Vorraum sehen, kreuzen sich alte und neue Beziehungen, familiäre und freundschaftliche Zusammenhänge, Erinnerung und Gegenwart. In flüchtigen Begegnungen und Gesprächsfetzen blitzen die Schicksale der Überlebenden, Versteckten, Helfer, vermeintlich nicht Betroffenen und Nachgeborenen auf. Es geht vor allem um die Traumata jener Kinder, die damals zu ihrer eigenen Sicherheit von ihren Eltern weggegeben wurden. Das Ganze mit feinem Humor, etwa wenn Leas Mutter Ada sagt: "Er ist mir mein liebster Schwiegersohn", oder Leas Versteck-Mutter Riet: "Er wurde mit den französischen Juden deportiert, dabei war er gar kein Jude, also willkommen unschuldig."

Der niederländische Regisseur Eric de Vroedt hat das in Bochum inszeniert, mit der gebotenen Mischung aus Mitgefühl und Leichtigkeit, bis hin zum Slapstick. Die Bochumer Schauspieler sind immer sehr gut, hier aber besonders als ineinander greifendes Ensemble. Stellvertretend genannt seien Therese Dörr als verzweifelt um Beziehungen und Kommunikation kämpfende Lea sowie Thorsten Flassig als geheimnisvoller Daniel. Zu dieser Figur ließ sich Judith Herzberg durch den "Dibbuk" der jüdischen Mythologie inspirieren: eine Seele, die sich in einen anderen Menschen einnistet, weil sie keine Gelegenheit hatte, selber zu leben.

Das Duisburger Publikum war mehr betroffen als amüsiert, spendete anerkennenden Beifall.

(hod)
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