Ballett-Doppelabend Das Leben getanzt

Duisburg · Die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg übernahm ihren zweiteiligen Ballettabend „Come In“ erfolgreich in ihr Duisburger Haus.

 Der Doppel-Ballettabend wurde am Ende vom Duisburger Publikum stürmisch gefeiert.

Der Doppel-Ballettabend wurde am Ende vom Duisburger Publikum stürmisch gefeiert.

Foto: DOR/Bettina Stoess

Zwei Damen aus New York, eine ältere und eine jüngere, haben hier jeweils das Leben des Menschen choreographiert, auf eine jeweils mehr oder weniger minimalistische Musik. Die 80-jährige Twyla Tharp schuf im vergangenen Jahr für Düsseldorf via Video-Verbindung ihre neuen „Commentaries on the Floating World“. Die universelle Geschichte darin sei „ganz einfach“, erklärte die berühmte Choreographin: „Der Held erblickt das Licht der Welt sehr unschuldig. Während seiner abenteuerlichen Reise wird er einer Vielzahl von menschlichem Fehlverhalten ausgesetzt. Er kämpft um den Erhalt seiner Persönlichkeit und seiner Menschlichkeit und wird schlussendlich ersetzt. So wird es uns allen ergehen und so ist es in diesem Ballett.“

Im Bühnenbild gibt es große sternförmige Gegenstände nach Entwürfen von Frank Stella, mit dem Twyla Tharp befreundet ist – wenn man will, kann man darin das Coronavirus erkennen. Als Musik wählte die Choreographin „In C“ von Terry Riley (mit dem sie gleichfalls befreundet ist), das war 1964 die klingende Gründungsakte des Minimalismus‘.

Die Partitur besteht nur aus einer einzigen Seite mit 53 musikalischen Motiven oder Phrasen mit ein paar Erläuterungen. Besetzung und Dauer sind nicht vorgeschrieben.

An der Rheinoper kann man vor allem zwei Ausführende bewundern, die über gut 40 Minuten pausenlos das Gleiche tun. Der eine ist der Schlagzeuger im Orchester, der einen ununterbrochen wiederholten Puls gibt.

Der andere ist Julio Morel als „The North Star“, der als einzige Figur ständig auf der Bühne und in (überwiegend improvisierter) Bewegung ist, während die anderen in wechselnden Kombinationen um ihn herum wuseln.

Nach der Pause kommt dann „Come In“ (2006) von der aus Kanada stammenden Aszure Barton, die zur Einstudierung eigens selbst nach Düsseldorf reiste. Ihre Inhaltsangabe liest sich fast gleich: „Wir kommen ins Leben und irgendwann verlassen wir es. Es ist sehr einfach. Es geht ums Ankommen und Fortgehen. Dabei ist der Zyklus des Lebens sehr präsent. In der Choreographie gibt es viele Wiederholungen – wie auch im Leben. Mit diesen zyklischen Wiederholungen wollte ich ganz intuitiv arbeiten.“

Ursprünglich entstand dieses Werk aus der unverbindlichen Zusammenarbeit mit Michail Baryschnikow, hier ist es zu erleben in der jüngeren Fassung mit zwölf Männern. Als Material verwendete Aszure Barton unwillkürliche Gesten der Körpersprache: eine erhobene Hand, ein suchender Zeigefinger, der Griff an die Kehle oder unters Kinn.

Die Musik dazu, seinerzeit suggeriert von Baryschnikow, ist das gleichfalls neotonale, 1988 für Gidon Kremer komponierte „Come In!“ für Violine und Kammerorchester von Wladimir Martynow.

Selten erlebt man im Ballett eine so friedliche und ehrliche Stimmung, selten eine so klare Utopie eines spielerischen Miteinanders in der Gesellschaft, auch einer positiven Männlichkeit. Die Herren der Compagnie setzen das gelassen in Bewegung um.

Der Dirigent James Williams vermittelt an die Duisburger Philharmoniker unendlich viel Geduld und Klangschönheit. Erwähnt werden müssen Luiza Fatyol (Sopran als textloses „Orchesterinstrument“ bei „In C“) und Konzertmeister Siegfried Rivinius (leuchtender Solist bei „Come In!“).

Alle Mitwirkenden wurden vom Duisburger Publikum stürmisch gefeiert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort