Künstler zu Gast in Duisburg Zweimal Gormley an einem Tag und auf Dauer

Duisburg · Im Lehmbruck-Museum sprach Künstler Antony Gormley morgens vor 200 Schülern, abends stellte er sich einem öffentlichen Interview. Außerdem wurde zwei Monate nach der Ausstellungseröffnung in Duisburg nun der umfangreiche Katalog präsentiert.

Antony Gormley stellte sich den Fragen von 200 Schülerinnen und Schülern.

Antony Gormley stellte sich den Fragen von 200 Schülerinnen und Schülern.

Foto: Fabian Strauch

Es ist die größte, vielleicht sogar bedeutendste Ausstellung in der bisherigen Amtszeit von Söke Dinkla, seit 2013 Direktorin des Lehmbruck-Museums. Und es ist auch die größte Einzelausstellung des international bekannten britischen Künstlers Antony Gormley in Deutschland. Jetzt gab es für junge und auch ältere Menschen die Gelegenheit, den Bildhauer persönlich kennenzulernen. Und das zweimal an einem Tag.

200 Schülerinnen und Schüler des Duisburger Steinbart-Gymnasiums und des Goethe-Gymnasiums Dortmund hatten am Donnerstagvormittag die Gelegenheit, bei einem „Meet & Greet“ im Lehmbruck-Museum mit dem britischen Bildhauer Antony Gormley über dessen Werk ins Gespräch zu kommen. Im Vorfeld hatten sie die Ausstellung „Calling on the Body” in Projektgruppen besucht und sich mit dessen bildhauerischem Werk vertraut gemacht. In einem offenen Gespräch konnten sie sich über ihre Wahrnehmungen und Empfindungen austauschen und Fragen an den Künstler richten, die dieser offen und ausführlich und ohne Überheblichkeit ausführlich beantwortete.

Am Abend stand Antony Gormley wiederum Rede und Antwort bei einem öffentlichen Interview mit Marcus Steinweg, der als Jongleur zwischen Kunst und Philosophie sowie als Redner einer Vortragsreihe namens „Überstürztes Denken“ einen legendären Ruf hat. Im Lehmbruck-Museum war die Art seines Fragens ziemlich eigenwillig. Vielleicht war auch die Tatsache, dass das Gespräch auf Englisch geführt wurde, ein Grund für die anspielungsreichen, bisweilen etwas raunenden Fragen. Gleichwohl waren sie gute Anknüpfungspunkte für Gormley, der bereitwillig über seinen Ansatz als Bildhauer sprach. „Die Skulptur ist ein Mittel der Reflexion“, war eine seiner Kernaussagen. Er suche in der Kunst nicht Schönheit, sondern Wahrhaftigkeit. Schönheit könne sich dabei wie zufällig ergeben. Seine Werke seien gekennzeichnet von der dialektischen Spannung von Individualität und Universalität. Ausführlich sprach Gormley über seine künstlerische Verbindung zu Wilhelm Lehmbruck. Wie Lehmbruck sei auch er von der Vorstellung eines „inneren Raums“ geprägt. Am meisten sei er von Lehmbrucks „Gestürzten“ beeindruckt, einer Skulptur, die als Mahnmal für den Ersten Weltkrieg alles Militärische negiere und uns an unsere verletzliche Kreatürlichkeit erinnere. Wie Lehmbruck so möchte auch er, Gormley, die Menschen mit seiner Kunst nicht überrumpeln oder überwältigen, sondern sie bewegen, die Werke still auf sich wirken lassen. Nicht nur die Arbeiten Lehmbrucks, sondern auch das Lehmbruck-Museum selber fasziniere ihn. Das Besondere der Ausstellung sei, dass er hier in Duisburg die Möglichkeit hatte, seine Skulpturen in einen Dialog mit den Werken Lehmbrucks treten zu lassen. Zugleich nutze er die Architektur des Museums als „Instrument und Material“ für seine Kunstpräsentation.

Das sehr zahlreiche Publikum verfolgte mit großer Aufmerksamkeit dem öffentlichen Interview und nutzte die Möglichkeit, selber Fragen stellen zu können, so ausgiebig, dass diese Fragerunde aus Zeitgründen abgebrochen werden musste.

Viele Fragen dürften aber durch den 240 Seiten starken Katalog beantwortet werden, der zwei Monate nach der Ausstellungseröffnung ab sofort für 35 Euro an der Museumskasse erhältlich ist. Die Publikation erscheint so spät, weil der Druck erst nach Fertigstellung der Duisburger Schau erfolgt ist. Neben zahlreichen Abbildungen aus der aktuellen Ausstellung im Lehmbruck-Museum enthält der Katalog Beiträge von Söke Dinkla, Kuratorin Ronja Friedrichs, dem Kunstwissenschaftler Jon Wood sowie ein Interview Antony Gormleys mit dem Journalisten und Gormley-Kenner Tobias Haberl.

Die Sonderausstellung „Gormley/Lehmbruck: Calling on the Body“ läuft bis zum 26. Februar.

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