Duisburger Ermittler berichtet Auf der Jagd nach den Juwelendieben vom Niederrhein

Duisburg · 14 Männer treffen sich in einem zwielichtigen Lokal in Krefeld. Von dort fahren sie zu 50 Zielen im ganzen Land, knacken Schlösser und Tresore, nehmen Schmuck mit, tausende Euro – und scharfe Waffen. Dann erwischt sie die Polizei. Ein Ermittler aus Duisburg berichtet.

 Zwei der Verdächtigen nahm ein Spezialeinsatzkommando im Dezember in Krefeld fest.

Zwei der Verdächtigen nahm ein Spezialeinsatzkommando im Dezember in Krefeld fest.

Foto: Samla Fotoagentur/samla.de

Angefangen hat alles mit einem Nummernschild. Ein Mann aus Mülheim hat es aufgeschrieben, das Auto, das an jenem Abend im November 2019 ganz langsam durch seine Straße fuhr, kam ihm verdächtig vor. Er rief die Polizei. Die Beamten ermittelten da bereits. Denn nur wenige Meter entfernt wurde am selben Tag eingebrochen. Das Kennzeichen führte die Beamten schließlich zu einem Mann aus Duisburg. 38 Jahre alt, mitten drin in der kriminellen Szene und ab da dringend tatverdächtig. Regelmäßig besuchte er ein Lokal in Krefeld vom Typus: ein bisschen zwielichtig.

Dieser Ort, so glaubt die Polizei, war der zentrale Treffpunkt, von dem aus eine 14-köpfige Bande Einbrüche am Niederrhein, in verschiedenen anderen Städten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und sogar Schleswig-Holstein plante und durchführte. Beute: Bargeld, Uhren, Ringe, Ketten und sogar scharfe Waffen im Wert von insgesamt 280.000 Euro. 50 Mal soll die Gruppe zugeschlagen haben, etwa in Neuss und Meerbusch, im Kreis Düren, in Moers und Jüchen.

Wie kann das sein – eine Bande zieht monatelang durch die Region und steigt offenbar unbehelligt in die Häuser ein? Die Polizei war ihnen auf der Spur. „Wir sammelten Hinweise und werteten Material aus, bis wir alle Tatverdächtigen hatten“, sagt Thomas Müller von der Polizei Duisburg, der die Ermittlungen gegen die Bande geleitet hat. Müller kennt die Szene gut, seit mehr als 30 Jahren ist er Polizist.

Zwei der Männer werden im Dezember von einem Spezialeinsatzkommando und einer Hubschrauberstaffel in Krefeld festgenommen, danach folgt nach und nach der Rest der Bande, bis im April insgesamt zwölf Personen gestellt sind. Sie erwartet nun eine Anklage und ein Prozess vor dem Landgericht Duisburg. Zwei Verdächtige konnten sich ins Ausland absetzen, nach ihnen wird bisher noch gefahndet. Die Festnahmen waren ein weitreichender Schlag gegen die Kriminalität am Niederrhein und stoppten eine lange Serie von Einbrüchen.

Deren Zahl sinkt in Duisburg langsam. 2019 kam es insgesamt zu 1148 Fällen, das ist der drittniedrigste Wert der vergangenen zehn Jahre. Das bedeutet aber trotzdem: Jeden Tag wird in der Stadt im Schnitt mehr als drei Mal eingebrochen. Etwa 4000 Euro ist das Diebesgut durchschnittlich wert. Aufgeklärt werden können nur wenige Fälle – rund jeder fünfte. „Die Täter sind äußert vorsichtig geworden“, sagt Müller. Bei der Aufklärung profitiert die Polizei von der seit Jahren steigenden Sensibilität in der Bevölkerung. „Türen und Fenster sind immer besser gesichert und wir erhalten heute viel mehr Hinweise von Zeugen als früher“, sagt Müller. Die psychischen Folgen Einbruchs bei den Opfern seien oft schwer, weil die Tat in das privateste Umfeld eingreife. „Manche Menschen ziehen nach einem solchen Vorfall aus“, sagt Müller.

Die 14-köpfige Bande vom Niederrhein soll professionell vorgegangen sein. Demnach teilte sie sich in kleinere Gruppen auf, für die es jeweils einen Fahrer gab, der bei den Taten stets draußen blieb und die Umgebung beobachtete. Die Zusammensetzung dieser Teams wechselte. Oft schlugen sie in der Dämmerung zu, brachen Türen und Fenstern auf, die nicht von der Straße einzusehen waren. Zum Teil hat die Bande auch Tresore in den Wohnungen öffnen können. In Weilerswist stieg sie bei einem Sportschützen ein und nahm dort mehrere Waffen und Munition aus einem gesicherten Schrank mit. Einen Anführer soll es nach bisherigen Erkenntnissen nicht gegeben haben. Das erbeutete Geld floß offenbar ins Ausland.

Ermittler Müller jagt Kriminellen seit vielen Jahren hinterher. Einmal erwischte er eine Bande, die sogar in mehr als 100 Häuser eingestiegen war. Immer wieder trifft er auf Verdächtige, die er bereits aus anderen Fällen kennt. „Es gibt einen Ladendieb, der begegnete mir zum ersten Mal Ende der 80er Jahre. Erst vor einigen Jahren hatte ich wieder mit ihm zu tun“, sagt Müller. Dass verurteilte Täter nach Einbrüchen rückfällig werden, sei nicht unüblich. Wann der Prozess gegen die Krefelder Bande beginnen wird, ist noch unklar.

Müller hofft, die Männer danach nicht mehr zu sehen. In einigen Jahren geht er in den Ruhestand. 

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