Tiere und Weihnachten Ochse und Esel an der Krippe

Duisburg · Ochse und Esel sind fester Bestandteil der biblischen Darstellungen der Weihnachtsgeschichte. Theologen sehen darin einen Hinweis, dass auch Tiere zur Schöpfungsdimension gehören, die zum Fest mitbedacht werden soll.

 Ochse und Esel sind feste Bestandteile fast jeder Krippendarstellung. Die Tiere sind zum einen kreatürliche Gefährten des Menschen, zugleich repräsentieren sie die Fülle der göttlichen Schöpfung.

Ochse und Esel sind feste Bestandteile fast jeder Krippendarstellung. Die Tiere sind zum einen kreatürliche Gefährten des Menschen, zugleich repräsentieren sie die Fülle der göttlichen Schöpfung.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

In jeder Weihnachtskrippe finden wir sie neben dem Jesuskind: Ochse und Esel. Dabei kommen die beiden Tiere im Lukas-Evangelium gar nicht vor. Dort ist zwar eine Futterkrippe erwähnt, in der das Neugeborene gelegt wird, aber keine Tiere. Ochse und Esel tauchen erst im sogenannten Pseudo-Evangelium auf, das 600 Jahre nach Chr. entstanden ist. Dort heißt es: „Am dritten Tag nach der Geburt des Herrn verließ Maria die Höhle und ging in den Stall. Sie legte den Knaben in eine Krippe, und ein Ochse und ein Esel beteten ihn an. Da ging in Erfüllung, was durch den Propheten Jesaja gesagt ist: ,Es kennt der Ochse seinen Besitzer und der Esel die Krippe des Herrn’“.

Es gibt unterschiedliche Interpretationen, wie die Tier-Symbolik in der Weihnachtsgeschichte verstanden werden kann. Eine Deutung ist eine Provokation: Sogar die sprichwörtlich „dummen“ Tiere erkennen, dass Christus geboren wurde, die Menschen hingegen nicht. Sie sind Ignoranten, die den „Propheten im eigenen Lande“ nicht gelten lassen. Ein wenig von dieser Provokation findet man sogar im heiteren Kinderstück „Ox und Esel“ von Norbert Ebel, das seit vielen Jahren mit unvermindertem Erfolg vom Duisburger Kom’ma-Theater aufgeführt wird.

Man kann in Ochse und Esel aber auch sympathische Tiere sehen, die einen besonders engen Bezug zum Menschen haben. Sie helfen ihm beim Bewältigen von Lasten: Der Esel als Tragtier, der Ochse als Zugtier.

Wie dem auch sei: Tiere gehören traditionell in frommen Darstellungen mit zum Weihnachtsgeschehen. Darauf wies zum Beispiel der Schweizer Kapuziner-Pater und Mitbegründer des Instituts für Theologische Zoologie in Münster, Anton Rotzetter (1939 - 2016), hin. Er sagte: „Die Inkarnation Gottes geht nicht nur die geistige Dimension des Menschen an. Die ganze Materie, auch die animalische Welt, ist eine Schöpfungsdimension, die an Weihnachten mit bedacht wird.“

„Und wie steht es um den an Weihnachten üblichen Festtagsbraten?“, wurde der Pater in einem Interview gefragt. Dass man für das Fest ein wertvolles Tier schlachtet und auf den Teller bringt, habe mit Weihnachten nichts zu tun. Es handele sich um ein Missverständnis. Pater Rotzetter argumentierte hier messerscharf: „Hier wird ein Tier zum Gegenstand des Genusses gemacht. Die Würde, die Tieren in der Bibel zugesagt wird und die wir heute mehr und mehr erkennen, zeigt, dass das ein Widerspruch ist. Nein, Fest und Braten gehören nicht zusammen. Tiere haben eine Bedeutung, die jenseits des Konsums angesiedelt ist.“

Pater Anton Rotzetter griff damit Überlegungen auf, die in der Tierethik seit Jahrhunderten bis in die Gegenwart diskutiert werden. Der Philosoph Immanuel Kant (1724- 1804) postuliert beispielsweise in einem seiner Hauptwerke (Metaphysik der Sitten), dass eine „gewaltsame und zugleich grausame Behandlung der Tiere der Pflicht des Menschen gegen sich selbst entgegengesetzt ist.“ Das Quälen von Tieren sei zu verabscheuen. Wörtlich heißt es bei Kant: „Selbst Dankbarkeit für lang geleistete Dienste eines alten Pferdes oder Hundes (gleich als ob sie Hausgenossen wären) gehört indirekt zur Pflicht des Menschen...“ Tierschutz wirkt danach der Verrohung der Menschen entgegen.

Ähnlich wie Kant sieht es Schopenhauer, der auf die Leidensfähigkeit der Tiere hinweist und eine „Ethik des Mitleids“ fordert. Man denke auch an Nietzsche, der ein geschundenes Pferd umarmt haben soll. In jüngster Zeit hat sich der Philosoph Richard David Precht mit Grundsatzfragen der Tierethik auseinandergesetzt („Tiere denken“). Prechts Diagnose ist: „Noch nie war die Kluft so groß, die das, was Menschen im Umgang mit Tieren für richtig halten, und das, was tatsächlich praktiziert wird, voneinander trennt.“ Precht spielt damit u.a. auf die Massentierhaltung an, die nicht den artgerechten Bedürfnissen von Tieren entspreche – „und das alles nur für ein bisschen Gaumenfreude des Menschen“. Precht sagt, es gebe „mehr gute Gründe gegen den Verzehr von tierischen Lebensmitteln, wie Fleisch, als dafür“. Gleichwohl maße er sich nicht an, Fleischesser zu verteufeln. Aber es sei zumindest moralisch besser, Tiere vor dem Schlachten artgerecht zu halten und ihre Leidensfähigkeit im Auge zu behalten, als sie nur als profitable Fleischlieferanten zu betrachten.

Die „tierische Weihnachtsgeschichte“ kann es in sich haben.

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