Balkenhol-Ausstellung im Lehmbruck-Museum Das ewig Durchschnittliche, hier wird’s Ereignis

Duisburg · Bildhauerei bis zu Adam und Eva: Mit mehr als 200 Werken zeigt das Duisburger Lehmbruck-Museum eine umfassende Stephan-Balkenhol-Ausstellung.

 Stephan Balkenhol zwischen Kunstwerken in der Ausstellung im Duisburger Wilhelm-Lehmbruck-Museum

Stephan Balkenhol zwischen Kunstwerken in der Ausstellung im Duisburger Wilhelm-Lehmbruck-Museum

Foto: Andreas Probst

Das Durchschnittliche hat Stephan Balkenhol berühmt gemacht. Sein „Mann mit weißem Hemd und schwarzer Hose“ ist mittlerweile eine Ikone der Gegenwartskunst. Die Skulpturen des deutschen Bildhauers, der 1957 in der hessischen Provinz geboren wurde und nun Domizile in Kassel, Karlsruhe, Berlin und im französischen Meisenthal besitzt, gehören zum visuellen Besitz unserer Zeit. Und dennoch gibt es bei Stephan Balkenhol noch viel Unbekanntes zu entdecken. Das zeigt bis zum 28. Februar das Lehmbruck-Museum mit einer umfassenden Werkschau des Künstlers. Diese Schau ist zugleich Höhepunkt des Ausstellungsprogramms, das Museumsdirektorin Söke Dinkla in ihrer bisherigen Amtszeit seit 2013 verantwortet.

Mehr als 200 Arbeiten werden in der Ausstellung präsentiert. Darunter zahlreiche Werke, die bislang in der Öffentlichkeit noch niemals zuvor gezeigt wurden. Neben Skulpturen sind auch Reliefs, Gipsmodelle, Kalenderblätter, Skizzen und Zeichnungen zu sehen. Die Duisburger Schau beginnt bei „Adam und Eva“, jenem aus Holz geschnitztem Paar, das ganz offensichtlich im Alltag zu Hause ist und sich gleichwohl auf sympathisch zurückhaltende Art aus der Masse hervorzuheben scheint.

Dieses „Durchschnittspaar“ wird gewissermaßen zu einer Art Denkmal für den Menschen als solchen. Man solle mit diesem Paar im Kopf die gesamte Ausstellung betrachten, schlägt Söke Dinkla mit Zustimmung Balkenhols vor, der sich selber zusammen mit seiner Ehefrau Kathrin am Aufbau der Duisburger Schau beteiligt hat.

In der imaginären Begleitung dieses Alltagspaar kann man einen wahren Balkenhol-Kosmos durchschreiten. Und da sieht man, dass die kulturgeschichtlichen Bezüge des Künstlers bis in die griechische Antike oder gar zur altägyptischen Kunst reichen. Balkenhol beschäftigt sich auch mit Tiermotiven. Ein Gepard und ein Krokodil in Lebensgröße und aus Zedernholz sind besonders schöne Blickfänge. Menschen mit Mäuse- und Hundekopf oder ein Mann im Löwenkostüm gehören ebenfalls zum Motivgeflecht.

Stephan Balkenhol, der seit Jahrzehnten als Professor für Bildhauerei in Karlsruhe lehrt, hat selber eine denkwürdige akademische Laufbahn hinter sich. So studierte er von 1976 bis 1982 in Hamburg unter anderem bei Ulrich Rückriem, der eher der abstrakten beziehungsweise der Konzeptkunst zuzuordnen ist. Doch Balkenhol ging einen anderen Weg und bekannte sich zum Figürlichen, was zu seiner Studienzeit bei vielen verpönt war. Er suchte bewusst nach Traditionslinien und fand im Holz das für ihn gültige Arbeitsmaterial.

Balkenhol ist ein „klassischer“ Bildhauer. Mit Säge und Messer, Klüpfel und Beitel arbeitet er seine Skulpturen und Reliefs aus zum Teil riesigen Holzstämmen heraus. Figur und Sockel sind dabei stets eine Einheit. Die Spuren seiner Holzbearbeitungen sind sichtbar. Das künstlerische Schaffen bleibt dadurch offensichtlicher Teil eines Abeitsalltags. Balkenhols Werke zeigen, dass auch das Alltägliche die Kraft zum Besonderen haben kann. Man muss es nur sehen.

Info Der Katalog zur Ausstellung (120 Seiten, 70 farbige Abbildungen, kostet 29.80 Euro). Infos über Führungen und das Begleitprogramm unter www.lehmbruckmuseum.de

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