„8,2 Prozent oder die Hütte brennt“ Duisburger Stahlarbeiter rüsten sich für Arbeitskampf

Duisburg · Die Tarifverhandlungen in der Eisen- und Stahlindustrie stocken. Am Donnerstag kamen in Duisburg-Hamborn mehrere Tausend Menschen zusammen, um für höhere Löhne zu demonstrieren. Die Stimmung war unversöhnlich.

 Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann war der Hauptredner beim Warnstreik in Duisburg-Hamborn.

Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann war der Hauptredner beim Warnstreik in Duisburg-Hamborn.

Foto: Erwin Pottgiesser

Mehrere Tausend Menschen haben am Donnerstag in Duisburg für höhere Löhne in der Eisen- und Stahlindustrie demonstriert. Die IG Metall hatte zuvor zu dem Warnstreik aufgerufen, der bei Thyssenkrupp Steel Europe (tkSE) in Hamborn stattfand. Hintergrund sind die derzeit laufenden Tarifverhandlungen. Während die IG Metall eine Lohnerhöhung um 8,2 Prozent fordert, hatte die Arbeitgeberseite bislang nur einer Einmalzahlung von 2100 Euro angeboten.

„Ihr habt eine klare Forderung und die ist richtig. 8,2 Prozent, die wollen wir und die holen wir uns“, sagte der IG-Metall-Bundesvorsitzende Jörg Hofmann in der Hauptrede der Veranstaltung. Er betonte die „solidarische Kampfkraft“ der Stahlarbeiter und nannte drei Argumente, warum er die Forderungen für gerechtfertigt hält: Die guten Zukunftsaussichten der Stahlindustrie, die derzeit hohen Stahlpreise und „eine Inflation, die dieses Land seit Langem nicht gesehen hat“. Sollte es bis zum 20. Juni zu keiner Einigung zwischen den Tarifparteien kommen, kündigte Hofmann einen Aufruf zu Urabstimmung und Arbeitskampf an.

 Mit dabei: Viele Plakate und Klatschpappen mit den Tarifforderungen der IG Metall und Streikandrohungen.

Mit dabei: Viele Plakate und Klatschpappen mit den Tarifforderungen der IG Metall und Streikandrohungen.

Foto: Erwin Pottgiesser

Zuvor hatte bereits der tkSE-Betriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol seine Wut über die bisherigen Tarifverhandlungen herausgeschrien. „Das größte Problem der Arbeitgeber, das sind wir und das zeigen wir denen heute“, sagte Nasikkol. Er forderte „Würde und Respekt“ und sprach sogar davon, dass er am Verhandlungstisch „dem Bösen in die Augen“, schaue. Ein Auftritt, der zeigte wie unversöhnlich die Positionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern (noch) sind. Nasikkol betonte ebenso wie Vertrauenskörperleiter Klaus Wittig seine Bereitschaft zum Streik. Wittig kündigte an, die gesamte Produktion lahmzulegen, wenn vor dem 20. Juni „keine Vernunft einzieht“. Sein Slogan: „8,2 Prozent oder die Hütte brennt.“

Bereits im Vorfeld hatte die IG Metall in der Warnstreik-Ankündigung auf die stockenden Tarifverhandlungen aufmerksam gemacht. Zuletzt hätten sich die Arbeitnehmer in den Tarifrunden wegen Corona und der krisenhaften Stahlsituation sehr zurückgehalten. Dieses Mal sei die Situation allerdings anders. „Die Stahlindustrie verdient aktuell so viel Geld wie lange schon nicht mehr und den Beschäftigten laufen mit der Inflation die Lebenserhaltungskosten davon“, sagte Dieter Lieske von der IG Metall Duisburg-Dinslaken. „Deshalb ist jetzt Zeit für einen ordentlichen und fairen Abschluss, der sich langfristig und nachhaltig in den Tariftabellen wiederfindet.“

 Mehrere Tausend Demonstranten hatten sich am Donnerstag zur Kundgebung an Tor 1 von Thyssenkrupp Steel Europe eingefunden.

Mehrere Tausend Demonstranten hatten sich am Donnerstag zur Kundgebung an Tor 1 von Thyssenkrupp Steel Europe eingefunden.

Foto: Erwin Pottgiesser

Damit vom Warnstreik auch eine große Außenwirkung ausgeht, gaben sich die Organisatoren viel Mühe. Bevor die Hauptredner an der Reihe waren, wurde auf der Bühne erst einmal ausführlich das Parolenrufen geübt. Zudem positionierten sich die Demonstranten auf einer benachbarten Wiese für ein großes „8,2“-Drohnenfoto.

Den Rahmen für die Redner bot dazu noch ein Musikprogramm, bei dem der Sänger nicht nur in jedem Lied, selbst bei „Sikidim“ des türkischen Popstars Tarkan, noch irgenwie einen Reim auf 8,2 einbaute, sondern in dem am Ende selbst die Redner um IG-Metall-Chef Hofmann zum „Bella Ciao“-Singen herangezogen wurden.

Was der Druck von der Straße am Ende gebracht hat, könnte am Freitag schon zu beobachten sein. Dann sollen die Tarifverhandlungen nämlich bereits fortgeführt werden. Nasikkol, Wittig und Co. werden weiter beobachten, ob endlich „Vernunft einzieht“.

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