Don Juan im Stadttheater Unser Zeitalter der Entschuldigungen

Duisburg · Das Junge Ensemble im Theater Duisburg „Spieltrieb“ gastierte mit „Don Juan“ nach Molière, frei bearbeitet von Patrick Marber, im ausverkauften Foyer III. Die Produktion ist ein Volltreffer!

 Behzad Sharifi (l.) als Don Juan und Adrian Hildebrandt als Diener Stani.

Behzad Sharifi (l.) als Don Juan und Adrian Hildebrandt als Diener Stani.

Foto: Sascha Kreklau

So ändern sich die Zeiten. Bei Molière in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts galt der rücksichtslose Verführer Don Juan vor allem deshalb als Sünder, weil er ein atheistischer Heuchler war. Bei der aktualisierenden Bearbeitung von dem vor 55 Jahren geborenen Patrick Marber sieht sich der Sexsüchtige als typischer Vertreter des beginnenden 21. Jahrhunderts, unseres Zeitalters „der Entschuldigungen, nicht der Aufrichtigkeit“. Natürlich muss er auch hier „zur Hölle fahren“ – er wird ermordet aus Rache für seinen „kaltherzigen Egoismus“.

Marbers Bearbeitung nimmt kein Blatt vor den Mund, folgt damit sowohl Molière selbst als auch dessen Vorläufern von der Commedia dell’arte, lässt aber auch die Kenntnis von Mozarts Oper „Don Giovanni“ erkennen. Der klassische Stoff wird recht überzeugend in unsere Zeit übertragen, in welcher – wie es im Text heißt – der mächtigste Mann der Welt notorisch unehrlich ist. Freilich muss manches stehenbleiben, wie es bei Molière ist, zum Beispiel dass Don Juan ein Adliger und deshalb reich ist. Wohlgemerkt auch von Molière sind die genialen Wendungen, dass Don Juan mit Elvira eine Frau von Geist gegenüber gestellt wird und dass der Held sein zwiespältiges Wesen zeigt, in dem er einen Edelmann rettet und einen Bettler beschenkt (bei Marber mit seiner wertvollen Uhr, gerade dann als dieser sich weigert, als Gegenleistung Gott zu lästern).

„Spieltrieb“ gibt Jugendlichen zwischen 17 und 23 Jahren die Möglichkeit, sich unter professionellen Bedingungen mit dem Medium „Theater“ auseinander zu setzen – vor, auf und hinter der Bühne. Geprobt wird an zwei Abenden in der Woche, dazu kommen Probeneinheiten an Wochenenden und in Ferienzeiten. Voraussetzung für die Teilnahme ist die konsequente Anwesenheit bei allen Proben (die RP berichtete). Jetzt die Produktion Nr. 56 im Foyer III unterm Dach des Theaters ist wieder ein Volltreffer!

Adrian Hildebrandt, der seine inzwischen professionelle Schauspielkarriere einst im „Spieltrieb“ begann, spielt als Don Juans Diener Stani (bei Molière Sganarelle und bei Mozart Leporello) die Kollegen fast an die Wand, so herrlich schmierig und zugleich zutiefst menschlich gibt er diese Rolle. Michael Steindl sorgt als treffsicherer Regisseur aber dafür, dass auch Behzad Sharifi als gnadenloser Egomane und der Rest der Truppe es ihm praktisch gleichtun. Noch die schlüpfrigsten Pointen der Tragikomödie werden so übertrieben ausgespielt, dass sie schon wieder harmlos wirken. Und die populäre Schraube wird zum Teil mit Duisburger Zungenschlag noch eine Runde weiter gedreht.  Herrlich!

 Wir empfehlen den Besuch eine der weiteren, jeweils gut anderthalbstündigen  Vorstellungen.

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