Arbeitsmarkt Hilfen: Raus aus dem Leistungsbezug

Die Konjunktur brummt, die Arbeitslosenzahlen sind auch in Duisburg zuletzt stetig gesunken. In Duisburg hat aber noch immer jedes dritte Kind einen Kontext zum Hartz-IV-Bezug. Die Schaffung eines „Sozialen Arbeitsmarktes“ könnte helfen.

Die Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter in unserer Stadt hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Ende 2017 lag die Zahl bei 174.205 Arbeitnehmern – ein Rekord. Vor zehn Jahren waren es noch fast 20.000 weniger. Gleichzetig waren Ende August 28.879 Menschen arbeitslos gemeldet. Das entspricht einer Quote von 11,3 Prozent. Zum ersten Mal seit vielen Jahren gab es in unserer Stadt damit weniger als 30.000 Arbeitslose.

Dem gegenüber stehen viele Menschen, die schon seit vielen Jahren Hartz-IV-Leistungen beziehen. „Wann, wenn nicht jetzt, sollen wir diesen Menschen helfen?“, fragt Astrid Neese, Chefin der Duisburger Arbeitsagentur. Genau da setzt der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil an. Vier Milliarden Euro sollen demnach ausgegeben werden, um bundesweit 150.000 Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu bieten. „Das ist zu wenig“. bemängelt Astrid Neese, Chefin der Arbeitsagentur Duisburg. Runtergerechnet auf Duisburg würden hier 550 Menschen davon profitieren. „Anspruch auf diese Förderung hätten aber eigentlich rund 7000 Langzeitarbslose in Duisburg“, sagt sie.

 SPD-Ratsfrau Andrea Demming-Rosenberg.

SPD-Ratsfrau Andrea Demming-Rosenberg.

Foto: jobcenter Duisburg

Die neuen Stellen sollen laut Gesetzentwurf fünf Jahre lang gefördert werden. Gefördert werden Menschen ab einem Alter von 25 Jahren, die innerhalb von acht Jahren mindestens sieben Jahre lang Hartz IV erhalten haben und in dieser Zeit auch nur kurz erwerbstätig waren. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Zuschüsse auf Mindestlohnniveau gezahlt werden. Viele Arbeitgeber müssten daher die Differenz zwischen dem Mindestlohn und der ortsüblichen beziehungsweise tariflichen Entlohnung selbst tragen. „Das ist ein Problem. Denn eines ist klar: Wer sieben Jahre lang Hartz IV bekommen hat, ist nicht von heute auf morgen hundertprozentig in den Arbeitsbetrieb integrierbar. Das ist vergleichbar mit Auszubildenden. Auch die müssen erst einmal schrittweise ans Arbeitsleben herangeführt werden“, sagt Astrid Neese. Und deshalb wären wohl viele Unternehmen erst einmal vorsichtig und zurückhaltend, wenn sie die finanzielle Differenz tragen müsste.

 Astrid Neese, Chefin der Arbeitsagentur in Duisburg.

Astrid Neese, Chefin der Arbeitsagentur in Duisburg.

Foto: Christoph Reichwein (crei)/Reichwein, Christoph (crei)

Damit eine Integration der Betroffenen ins Arbeitsleben überhaupt gelingen könne, brauche jeder Einzelne ein begleitendes Coaching, auch über längere Zeit hinweg. „Die meisten Arbeitnehmer müssen auch nach einem dreiwöchigen Urlaub sich erst einmal wieder eingewöhnen. Wie soll das bei jemandem funktionieren, der mindesten sieben Jahre lang gar nicht gearbeitet hat?“, fragt sie.

Die Förderung dieser Menschen sei besonders wichtig, weil sich bekanntlich derartige Erwerbsbiografien häufig vererben: Haben Großeltern und Eltern schon Hartz IV-Leistungen bezogen, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich größer, dass Kindern und Enkeln später das Gleiche passiert. „Jedes dritte Kind in Duisburg steht in irgendeinem Kontext zum Hartz IV-Bezug. Wenn wir das nachhaltig ändern wollen, müsste der Soziale Arbeitsmarkt deutlich ausgebaut werden“, sagt Astrid Neese.

Die SPD-Fraktion im Duisburger Stadtrat sieht das wohl ganz ähnlich: „Diese Menschen haben aufgrund ihrer beruflichen Auszeit häufig Schwierigkeiten, auf dem freien Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die erfolgreiche Umsetzung eines staatlich geförderten „Sozialen Arbeitsmarktes“ bietet den Menschen eine sozialversicherungspflichtige und sinnstiftende Beschäftigung“, sagt Ratsfrau Andrea Demming-Rosenberg, Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Gesundheit.

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