Schäfer aus Duisburg Der Lammflüsterer aus Duisburg Nord

Duisburg · Florian Preis ist selbstständiger Schäfer. Beim Duisburger gibt es nicht nur Fleisch und Wolle zu kaufen, sondern auch Tierpatenschaften oder Schafaktien.

 Derzeit ist Preis mit seinen Schafen im Winterquartier in Oberhausen.

Derzeit ist Preis mit seinen Schafen im Winterquartier in Oberhausen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Mitten in einem Oberhausener Industriegebiet ist fast rund um die Uhr das Blöken von Schafen zu hören. Der Duisburger Florian Preis hat sich dort als Schäfer niedergelassen und hält mit seiner „Ruhrschäferei“ über 250 Tiere. Die Flächen, auf denen er sich um seine Schafe und Lämmer kümmert, gehören Thyssenkrupp. Der Stahlkonzern verpachtet viele Hektar Land an den Landwirt.

Gemeinsam mit seinen vier Hütehunden ist Preis der Herr über seine Nutztiere, darunter viele Merino Landschafe und einige Tiroler Bergschafe. „Das sind sehr robuste Rassen, die zwar weniger Fleisch bringen, aber mit den nährstoffarmen Flächen besser klar kommen“, erklärt der Schäfer, warum er sich für diese Exemplare entschieden hat. Der 38-Jährige ist selbstständiger Schäfer, seine Familie unterstützt ihn dabei. Sein Vater mache zum Beispiel die Buchhaltung, sein Onkel helfe schon mal beim Stallbau.

„Ich wollte etwas machen, worauf ich Bock habe“, erklärt Preis seine ungewöhnliche Berufswahl.  Denn Schäfer sterben in Deutschland aus. „Es gibt nur noch knapp 1000“, sagt er. Angefangen habe alles im Jahr 2013 mit 31 Schafen, die er einem bekannten Schäfer abgekauft habe. Seitdem züchtet er mit seiner eigenen Herde. Doch bereits viele Jahre zuvor sei er „scharf auf Schafe“ gewesen, nachdem sich seine Familie 2001 einen Schafpudel gekauft habe und er mit dem neuen Vierbeiner eine Woche lang eine Schäferin begleiten durfte.

Der Landwirt erzählt, dass Schafe je nach Jahreszeit viel Arbeit machen. Beim Hüten, wenn die Tiere frei auf einer großen Fläche grasen, stehe er bis zu zehn Stunden auf der Weide. In der Zeit, in der Lämmer zu Welt kommen, sei er auch mal bis zu 17 Stunden am Tag auf den Beinen. „Ich muss die Geburten überwachen oder schauen, ob sich Lamm und Muttertier gegenseitig annehmen“, sagt Preis. Jedes Jahr kommen bis zu 350 Lämmer auf die Welt, die weiblichen behält der Schäfer als Muttertiere.

Die männlichen Tiere kommen zum Schlachter, wenn sie ein bestimmtes Alter oder ein gewisses Gewicht erreicht haben. Preis schätzt, dass Lämmer ungefähr ab einem halben Jahr oder einem Gewicht von 44 Kilo „schlachtreif“ sind. Ein Kilo Lammfleisch kostet bei ihm zehn Euro. Eines seiner Tiere zum Schlachter bringen zu müssen, bricht dem 38-Jährigen nicht das Herz. „Schafe sind Nutztiere und sie sind mein Lohn und Brot.“ Zu seinen Mutterschafen, die jahrelang Teil seiner Herde seien, baue er allerdings schon eine Bindung auf. Der Schäfer verkauft nicht nur das Fleisch der Schafe, sondern auch ihre Wolle, die er teilweise zu Fellen weiterverarbeitet. Ein Fell kostet 70 Euro, ein Kilo Wolle fünf Euro. Pro Jahr kann Preis seine Tiere einmal scheren lassen, dann kommen 500 bis 600 Kilo Wolle zusammen.

Mit seiner Herde zieht Preis jedes Jahr 300 Kilometer von Grünfläche zu Grünfläche in Oberhausen, bleibt dort je nach Größe der Weide einige Tage oder Wochen – bis die Nahrung für die Schafe knapp wird. Dafür, dass seine Schafe zwischendurch städtische Flächen abgrasen würden und „ökologisch aufwerten beziehungsweise offenhalten“, erhalte er Geld von der Stadt Oberhausen.

Neben den klassischen Einkünften eines Schäfers wie Fleisch oder Wolle hat Preis innovative Wege gefunden, seine Leidenschaft zu finanzieren. Patenschaften kosten einmalig 100 Euro. Dafür darf der Pate „sein“ Schaf jederzeit besuchen und kuscheln. Bis zu 20 neue Patenschaften pro Jahr verkauft Preis. Zudem bietet der Duisburger sogenannte Schafaktien als eine Art Darlehen an. Kunden zahlen einmalig 100 Euro und erhalten binnen 18 Monaten Lammfleisch im Wert von 120 Euro. Doch bei all den potenziellen Einnahmequellen ist für Preis eins klar: „Ohne die Subventionen der EU könnte ich mich nicht über Wasser halten.“

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Foto: RP/Podtschaske , Alicia

Im vergangenen Jahr wurde das Angebot von Preis um eine sogenannte Lernschäferei erweitert. Die ehemalige Praktikantin des Schäfers Linda Weber arbeitet mit der Herde von Preis und bringt Schulen, Kindergärten, Familien oder anderen interessierten Gruppen bei speziellen Übungen die Landwirtschaft und den Umgang mit Nutztieren wieder näher.

(jlu)
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