Zwischen Tradition und Moderne So war das 29. Ruhrorter Hafenfest in Duisburg
Duisburg · Vom Schiffergruß mit Glocke, über Shanty-Chor bis zu elektronischen Beats vom DJ-Set: Das Ruhrorter Hafenfest hat den Duisburgern einiges geboten. Noch gibt es am Montag, 19. August, ordentlich Restprogramm.
Erst, am Montag, 19. August, endet offiziell das diesjährige Ruhrorter Hafenfest, das dem Duisburger Stadtteil am Wochenende mit Musik, Kirmes, Kunst, Trödel, Feuerwerk und weiteren schönen Dingen viel unterhaltsames Leben eingehaucht hat. Da war für jeden etwas dabei in Sachen Freizeiterlebnis, denn die Macher des Ruhrorter Hafenfestes hatten sowohl unter der langjährigen Leitung von Walter Pavenstedt wie auch jetzt unter der neuen Trägerschaft von Duisburg Kontor immer auf ein ausgewogenes Verhältnis aller Veranstaltungen zwischen Tradition und Moderne gesetzt.
So ist es seit Anbeginn des Hafenfestes Tradition, mit einem ökumenischen Gottesdienst zu beginnen. Den gestalteten diesmal der evangelische Pfarrer und Seelsorger Frank Wessel vom evangelischen Binnenschifferdienst gemeinsam mit dem katholischen Pfarrer Christian Becker von der katholischen Kirchengemeinde St. Michael.
Leider setzte mit dem überraschender Weise eine dreiviertel Stunde vorgezogenen Gottesdienst etwas Regen ein, den Wessel aber in seine Andacht, der Erzählung einer alten Legende von den „Sechs gefüllten Krügen“ als Parabel für ein „sorgen- und angstfreies Leben“, dazu passend einfügte. Grund für die von Duisburg Kontor versäumt zu kommunizierende Vorverlegung sollen Terminprobleme mit dem Rathaus gewesen sein, so Veranstaltungspressesprecher Alexander Klomparend.
Doch um 16.15 Uhr (statt erst um 17 Uhr) war es dann so weit. Dann nämlich läutete Schirmherr Thomas Maaßen, Geschäftsführer bei Rhenus Logistcs, buchstäblich und gekonnt die Schiffsglocke als Schiffergruß zur Eröffnung der 29. Ausgabe des Ruhrorter Hafenfestes. Was folgte für die noch überschaubare Zahl an Besucherinnen und Besucher des Hafenfestes war der Gang entweder zur Kirmes, wo nach langer Zeit ein aus Rostock stammendes Riesenrad als Attraktion aufgebaut war, oder entlang der Promenade am Hafenmund bis zur zweiten Hafenfest-Bühne an der Schifferbörse. Dort traf man auf den Shanty-Chor der Marinekameradschaft Mülheim an der Ruhr Kormoran, der unter anderem das Lied „Heimweh nach St. Pauli“ im Gepäck hatte.
Zeitgleich auf der Hauptbühne am Richard-Hindorf-Platz standen von 15 bis 18.30 Uhr – mit Unterbrechung von Gottesdienst und Eröffnung allerdings – das Duo 2You mit zwei starken Stimmen aus dem Ruhrgebiet. Simone Voß (Gesang) und Dirk Böhmer (Gitarre) spielten vor allem Hits aus den 1980er und 1990er Jahren – neu interpretiert, unplugged und handgemacht. Ohnehin gab es hier an allen drei Tagen – eher der Rubrik „modern“ zuzuordnen – viel aktuelle Musik zum Zuhören und Tanzen.
Eindeutig hip ging es am Freitag und Samstag zu in der neu in Ruhrort entstehenden Gastro-Einrichtung „Immer & Edel“ auf der Dammstraße 30. Hier luden Birte Almesberger und Gaye Sevindim zusammen mit Alexander Hnatyk zu einem Pre-Opening mit DJ und Drinks (die RP berichtete) in ihre in diesem Jahr noch zu eröffnende neue Location ein. 300 Quadratmeter Fläche sind dann von den beiden studierten Wirtschaftswissenschaftlerinnen gastronomisch zu bewirtschaften und veranstaltungstechnisch zu bespielen. Ein ansprechendes Niveau als Restaurant, Lounge und Cafe mit eigener Kaffeerösterei ebenso wie als Veranstaltungsort wird von allen drei hier angestrebt.
Mit mehr Tradition des Hafenfestes verbunden waren dagegen die Besichtigungen historischer Schiffe, wie das Dampfboot „Jan de Sterke“ aus den Niederlanden, der Hamburger Raddampfer „George Stephenson“ sowie das Segelschiff „Helena“ aus dem Hafen von Rotterdam. Besonders das Museumsschiff „George Stephenson“ hatte es den Hafenfestfans angetan. Kein Wunder, geht doch die solide Schiffsmechanik bei einigen Einzelteilen bis in das Jahr 1870 zurück. Vom Deck des Schiffes hatte man im Übrigen einen hervorragenden Aus- und Überblick über das gigantische etwa halbstündige Höhenfeuerwerk.
Einen inhaltlichen Mix aus Alt und Neu boten am Sonntag die Veranstaltungsformate Hinterhoftrödel im Ruhrorter Kiez und der Kunst- und Kulturmarkt auf dem Neumarkt. Gab es beim Hinterhof-Trödel insgesamt über 30 teilnehmende Höfe, waren es beim Kunst- und Kulturmarkt fast 40 ausstellende Künstlerinnen und Künstler, darunter 33 Stände aus dem Bereich Bildende Kunst und vier aus dem Bereich Publizistik. Ausgewählt aus dem Teilnehmerverzeichnis für alten Hoftrödel gab es für kleines Geld bei Familie Bopp auf der Fabrikstraße 6 Haushaltswaren und Klamotten, Bücher und Spiele sowie andere interessante Dinge vom Dachboden und aus dem Keller von Mutter Ute Bopp beziehungsweise Tochter Elsa.
Beim von Klaus Brüggenwerth seit 2011 organisierten zeitgenössischen Kunst- und Kulturmarkt fielen in diesem Jahr besonders die Stände von Sabine Jantos und Maren Thiel sowie der von Cathrin Gronau und Martin Schmitz ins Auge. Während am ersten Stand bei beiden Frauen eine farbenfrohe und verspielte Malerei dominierte, gab es nebenan bei Gronau besondere Ölbilder mit Naturmotiven zu bewundern und bei Schmitz Grafiken, die mit Tusche und viel Wasser auf Papier hergestellt wurden.
Ergänzend dazu tummelten sich auf der dazugehörigen Bühne, teils solo, teils als Gruppe auftretend, verschiedene Theaterleute sowie Musikerinnen und Musiker. Opener war das Duisburger „Theater Kreuz & Quer“ gefolgt von Björn Nonnweiler aus Hagen. Sein im vergangenen Jahr geschriebener Song „Sommer“ war schon fast programmatisch zu deuten – nämlich: „Der Vorhang geht auf und die Welt erwacht.“