Sorge um Thyssenkrupp-Standort in Duisburg-Hüttenheim „Die Hängepartie muss ein Ende haben“

Die Beschäftigten des Grobblechwalzwerks von Thyssenkrupp in Hüttenheim sorgen sich weiter um ihre Jobs. Am Sonntag forderten sie erneut Investitionen in den Standort im Duisburger Süden.

 Dirk Reichel, Betriebsratsmitglie bei Thyssenkrupp, mit Fatma und Steffi. Sie wünschen sich, dass ihr Nachwuchs Saya auch eine Zukunft hat und hoffen darauf, dass der Standort des Stahlkonzerns in Hüttenheim erhalten bleibt.

Dirk Reichel, Betriebsratsmitglie bei Thyssenkrupp, mit Fatma und Steffi. Sie wünschen sich, dass ihr Nachwuchs Saya auch eine Zukunft hat und hoffen darauf, dass der Standort des Stahlkonzerns in Hüttenheim erhalten bleibt.

Foto: Andreas Probst

Das war ein Neujahrsempfang der ganz besonderen Art, zu dem die Duisburger IG Metall und der Betriebsrat des Hüttenheimer Grobblechwerks von Thyssenkrupp eingeladen hatten. Am Sonntag hatten sich zahlreiche Werksangehörige am Tor 9 des Firmengeländes eingefunden, um anlässlich des „Empfangs“ ihre Sorgen, aber auch ihre Kampfbereitschaft zu dokumentieren.

Immerhin geht es in den nächsten Wochen um die Zukunft ihres Werkes und um ihre Arbeitsplätze. Auskunft, in welche Richtung die Konzernleitung denkt und wie es mit dem Hüttenheimer Standort weitergehen wird, erhoffen sich der Betriebsratsvorsitzende Mehmet Göktas und der IG Metall-Bevollmächtigte Dieter Lieske von Gesprächen mit der Firmenleitung.

Die sollen in Kürze stattfinden. „Wir erwarten, dass man uns reinen Wein einschenkt, die Hängepartie muss nun ein Ende haben“, fordert Lieske. Auch für Mehmet Göktas ist wichtig, dass geklärt wird, wie es zukünftig für das Grobblechwerk weitergeht. Die aktuelle Situation sei vom Thyssenkrupp-Management selbst verschuldet, sind sich Göktas und Lieske einig. Der Konzern habe durch unternehmerische Fehlentscheidungen wie dem Brasilien-Desaster vor zehn Jahren, als der Bau eines Stahlwerks dort zu einem Milliarden-Flop wurde, sich selbst in Schieflage gebracht.

Betriebsratsvorsitzender Göktas sieht auch die Rolle des 2018 ausgeschiedenen Konzernchefs Hiesinger skeptisch: „Der wollte die Stahlsparte loswerden, der gesamte Bereich wurde runtergewirtschaftet.“ Davon sei auch das Hüttenheimer Werk stark betroffen gewesen: „Unsere Anlagen sind größtenteils von 1960 und noch im Originalzustand. Die sind einfach nicht fit gemacht worden für die heutige Zeit.“

Dennoch hat unter den nicht gerade optimalen Bedingungen die Belegschaft es immer wieder geschafft, die Anforderungen zu erfüllen. Derzeit stoße man aufgrund jahrelang ausgebliebener Investitionen in die Technik oftmals an Grenzen und könne alle Qualitätsansprüche nicht immer erfüllen. Belastend ist auch die hohe Fixkostenumlage von 100 Millionen Euro, die das Grobblechwerk im Rahmen des Konzerns zu tragen hat.

Die Lage ließe sich durch gezielte Investitionen allerdings ändern. „Es muss Geld in die Hand genommen werden, um die Anlagen technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Uns muss man dann zwei bis drei Jahre Zeit geben, dann sind wir mit dem Grobblechwerk auf Kurs und in der Lage, wieder schwarze Zahlen zu schreiben“, ist Mehmet Göktas sicher.

Dieter Lieske betont, dass auch in Zukunft ein Markt für die in Hüttenheim produzierten Grobbleche vorhanden ist, dazu zählt er die Energiewirtschaft, den Schiffbau, Sicherheitsstahl und den Maschinenbau. „Kurzfristiger Aktivismus wäre jetzt völlig falsch“, warnt er, befürchtet allerdings, dass der Druck der Anteilseigner auf das Management stark ist. Dem – noch unbekannten – Konzept der Firmenleitung stellt der Betriebsrat ein eigenes entgegen. Egal, wie die Vorstellung des Managements aussehen wird, eines weiß Dieter Lieske jetzt schon: „Zu einer Schließung wird es nicht kommen, soviel Geld für den Sozialplan haben die gar nicht.“

Betroffen von den Plänen der Thyssenkrupp-Führungsetage wäre in starkem Maße auch HKM. Lieske: „90 Prozent des Materials, das hier verarbeitet wird, kommt von der anderen Straßenseite.“ Und dass Thyssenkrupp mit 50 Prozent der Anteile am gegenüberliegenden Hüttenwerk HKM-Hauptgesellschafter ist, macht die Gemengelage nicht einfacher.

Für die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp ist wichtig, dass endlich Klarheit herrschen muss: „Der Zustand ist für die Beschäftigten unzumutbar. Am Produkt liegt es nicht, hier ist lange nicht investiert worden, der Konzern muss endlich Geld in die Hand nehmen.“

Auch Bezirksbürgermeisterin Beate Lieske macht sich Sorgen: „Die Entscheidungen des Konzerns haben Auswirkungen auf die Arbeitsplätze. Davon sind ganze Familien betroffen. Für die Mitarbeiter muss der Eiertanz jetzt ein Ende haben.“

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