Geistlicher aus Duisburg Pater Tobias setzt in der Krise auf digitale Seelsorge

Duisburg · Der „Marathon-Pater“ möchte auch während der Corona-Krise den Menschen nahe sein. Er nutzt die neuen Medien bei der Seelsorge.

 Pater Tobias ist seit Dezember 2008 Pastor in der Gemeinde Herz-Jesu in Duisburg-Neumühl .

Pater Tobias ist seit Dezember 2008 Pastor in der Gemeinde Herz-Jesu in Duisburg-Neumühl .

Foto: Projekt Lebenswert

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise erscheint „digitale Seelsorge” in einem neuen Licht. Wie sehen Sie das?

Pater Tobias Jesus würde heute auch auf Facebook den Glauben verkünden, habe ich vor kurzem gesagt. Heute ist dieser Satz noch aktueller. Schon seit vielen Jahren bin ich in den sozialen Netzwerken als Seelsorger bekannt und tätig. Gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit versuchen wir den Menschen Hoffnung und Trost zu schenken. Das kann durch soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram, Twitter und Internet geschehen. Dadurch haben viele Menschen bereits vor der Krise wieder Zugang zur Kirche erhalten, weil sie sehen was in unserer Gemeinde geschieht, was an kirchlichen Veranstaltungen stattfindet. Und das begeistert.

Wie zeigt sich diese Begeisterung?

Pater Tobias Insgesamt sind drei Personen in die katholische Kirche in den letzten zwei Wochen eingetreten. Eine weitere Person wird von mir auf die Aufnahme in die katholische Kirche vorbereitet. Ich habe das Geschehen der Aufnahme am Altar unserer Herz-Jesu Kirche fotografieren lassen und dann auf Facebook gesetzt. Natürlich habe ich mir vorher die Erlaubnis dazu geholt. Insgesamt haben wir sechs verschiedene Facebook-Seiten. Immer erreichen wir viele Menschen und sie bekommen ein Bild der Kirche, wie sie ist, wie sie im Alltag gelebt wird. Aber ich mache es jetzt in Zeiten der Corona-Krise noch etwas intensiver als zuvor.

Und wie?

Pater Tobias Zum Beispiel fällt auch jetzt unsere schöne Frühmesse um 6 Uhr im Schmidthorster DOM, so wie die Herz-Jesu Kirche im Volksmund gerne genannt wird, aus. Ich bereite trotzdem die Impulse, die ich morgens vorgetragen hätte, vor und setze sie jetzt auf Facebook, verschicke sie dann an die mir bekannten Mail-Adresse oder setze sie ins Internet. An den vielen Klicks oder Herzen, die ich erhalte, sehe ich, dass ich damit die Menschen erreiche.

Im Christentum wird Gemeinschaft großgeschrieben. Im Matthäus-Evangelium heißt es: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.” Jetzt soll man Kontakte mit anderen Menschen meiden. Untergräbt die Corona-Krise eine wichtige Botschaft des Christentums?

Pater Tobias Jetzt kommt es auf uns alle an, dass wir Rücksicht nehmen und nach Möglichkeit zu Hause bleiben. Gerade die schwächeren und älteren Menschen sind ja jetzt sehr betroffen. Im gemeinsamen Gebet sind wir immer mit Gott verbunden. Oft schreibe ich Briefe und unterschreibe fast immer mit „Im Gebet verbunden, alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen, herzliche Grüße, Ihr/Dein Pater Tobias“. Das soll dem Empfänger zeigen, wir sind im Gebet mit Christus verbunden. Somit gilt der Satz „Wo zwei oder drei….“ auch jetzt. In der Familie oder in kleinen Gruppen kann man zu Hause zusammen singen, beten, kurze Andachten halten oder gerade jetzt in der Fastenzeit den Kreuzweg beten. Ich selber bete mehrmals am Tag das „Vater unser“. Es steckt so viel Kraft in diesem Gebet und es gibt mir die Power, die ich für die Seelsorge benötige, um den Menschen nahe zu sein.

Viele Menschen werden den Gottesdienst in der Kirche vermissen...

Pater Tobias Früher gab es nur Hausgottesdienste. Da gab es noch keine großen Gottesdienste bzw. Kirchen. Genau das ist wieder aktuell, wo keine gemeinsamen Eucharistiefeiern mit der Gemeinde stattfinden können. Ich feiere die Heilige Messe jeden Tag in der Herz-Jesu-Kirche. Die Gemeindemitglieder wissen das. Sie schicken mir via Mail oder Messenger Fürbitten oder nennen mir die Namen der Verstorbenen oder bitten darum, dass ich eine Kerze anzünde und das ich für sie bete. Meine Mail-Adresse ist: tobias@abtei-hamborn.de

Haben Geistliche jetzt eine besondere Aufgabe?

Pater Tobias Ja, Priester müssen ebenso wie Ärzte, das Pflegepersonal und freiwillige Helfer „an der Front“ der Corona-Epidemie sein. Deshalb bin ich auch jeden Tag von morgens bis abends im Gemeindebüro oder auch über mein Handy erreichbar. Die Regierung hat die Pflicht, die Gesundheits- und materielle Versorgung der Menschen sicherzustellen, aber wir haben die Pflicht, das gleiche für die Seelen zu tun.

Sie baten im Vorgespräch darum, auf das syrische Restaurant Sham zu sprechen zu kommen, das Sie über Ihr Projekt LebensWert führen. Das Restaurant musste jetzt schließen. Was nun?

Pater tobias Unser Restaurant hat sich auf Essen außer Haus eingestellt. Viele, gerade Rentner mit wenig Geld, kamen täglich zum Mittagessen. Ihnen bieten wir nun die Gelegenheit, das Frühstück oder Mittagessen bei uns abzuholen. Aber wir haben auch einen Fahrdienst eingeteilt. Für fünf Euro liefern wir ein frisches Mittagessen. Hier gibt es täglich ein Tagesgericht. Auch hier habe ich große Sorge, wie viele andere Unternehmen auch, dass wir die Personalkosten und Betriebskosten der nächsten circa zwei Monate nicht finanzieren können und dann aufgeben müssen. Wir haben Kurzarbeit bereits beantragt. Das macht mir große Sorgen. Es heißt, dass wir Unterstützung erhalten. Ich hoffe es! Unser syrisches Restaurant mit unseren fünf Syrern hatte gerade von dem Unternehmen Groupon eine Auszeichnung bezüglich der Gästebewertung mit 4,5 Sternen von fünf Sternen erhalten. Darüber hat sich das gesamte Sham-Team gefreut. Und einen Tag später mussten wir schließen. Das Restaurant war die letzten Wochen immer ausgebucht und die Gäste liebten das syrische Essen und besonders unseren Service. Wir konnten das Sozial-Cafè, welches niedrige Preise hat, unterstützen. Für die jungen Mitarbeiter, die 2015 aus Syrien geflüchtet sind, war es die Zukunft. Gerade hatte ich einen jungen Mann eingestellt, der bei uns seine Ausbildung als Koch beenden möchte. Jetzt muss ich um Spenden betteln und neue Ideen entwickeln, wie wir trotzdem zu Einnahmen kommen.

Glauben Sie, dass Not beten lehrt?

Pater tobias „Not lehrt beten!“ Ich kenne das Sprichwort von meiner verstorbenen Mutter. Sie hat die Erfahrung gemacht: Es gibt Tage, da ist die Not so groß, dass man sich Gott zuwendet und um Hilfe bittet. Menschen, die so reden, haben Not erlitten und im Gebet Erleichterung erfahren. Diese Erfahrung wollen sie teilen und damit etwas Wichtiges weitergeben. Das kann ich verstehen. Das Sprichwort finde ich aber trotzdem nicht verallgemeinerbar. Ich finde, die Not ist keine besonders attraktive Lehrerin. Ich finde, man soll gerade dann auch zu Gott beten, wenn alles gut ist. Die Freude ist doch eine sehr viel sympathischere Lehrmeisterin für das Beten als die Not. Aber es stimmt auch: Viele Menschen haben erfahren, beten hilft in der Not. Es ist tröstlich zu wissen, das Gespräch mit Gott funktioniert auch dann und gerade jetzt in der Corona-Krise.

Sie sind in Duisburg und darüber hinaus als „Marathon-Pater” bekannt. Marathon-Läufe sind wie alle Gemeinschaftsveranstaltungen bekanntlich abgesagt. Schmerzt Sie das?

Pater tobias Ja ein bisschen schon wie viele andere Sportler auch. Aber wir laufen ja in erster Linie für unsere Gesundheit. Gerade in meiner täglichen Seelsorge tut es gut, zu laufen, den Kopf wieder frei zubekommen. Als Lauftrainer kann ich leider jetzt nicht mit meinen zwei Laufgruppen trainieren, dass ist schade, aber die Zeit wird kommen, dann geht das Training mit den Läuferinnen und Läufern weiter.

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