NRW-Familienministerin in Duisburg Auf der Suche nach Lösungen gegen Clankriminalität
Duisburg · Beim „Nachsitzen“ der Grünen-Bundestagsabgeordneten Lamya Kaddor waren NRW-Familienministerin Josefine Paul und Duisburgs Polizeipräsident zu Gast. Die Themen: Hamborn, Clans und die Kölner Silvesternacht.
Kürzlich lud die Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor (Grüne) wieder zum „Nachsitzen“ in die neue Aula des Landfermann-Gymnasiums ein. Als Podiumsgäste geladen waren der Duisburger Polizeipräsident Alexander Dierselhuis (CDU) und NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne). Lamya Kaddor führte durch die zweistündige Veranstaltung zu den Themen Sicherheit, Organisierte Kriminalität und Diskriminierung.
Polizeipräsident Dierselhuis beklagte die nicht einheitliche Definition von Clankriminalität. Im Landtag würde man sich um eine solche gerade kümmern. Für ihn wäre jedoch wichtig in der Unterscheidung, dass kriminelle Clans wie auch Rockerbanden im Gegensatz zu anderen Arten von Organisierter Kriminalität, in der Öffentlichkeit stattfinden wollen. Familienministerin Paul stimmte dem Problem grundsätzlich zu, man sollte jedoch nicht nur die Symptome, sondern vor allem die Ursachen in den Blick nehmen. Präventionsarbeit sollte generell ausgeweitet werden.
Überraschend kam Paul auf die Silvesternacht 2015 zu sprechen. Wichtig sei ihr die Opferperspektive in den Vordergrund zu stellen. So sei auch in der Silvesternacht der mediale Fokus auf sogenannte „Nafri-Straftäter“ falsch gewesen. „Nein, das war sexualisierte Gewalt gegen Frauen“, sagte Paul. Diese Art der Zuschreibung würde zu der Externalisierung von gesellschaftlichen Problemen durch den Fokus auf die Täterbeschreibungen führen. Verneint wird hier der Gedanke, dass Gewalt gegen Frauen ein innerdeutsches Problem sei.
Lamya Kaddor sah die Ursachen der Clankriminalität in einer verfehlten Integrations- und Sozialpolitik. Paul pflichtete dem bei. Sie sprach die Bildungspolitik an, forderte Kinderarmut zu reduzieren und Aufstiegschancen zu verbessern. Dierselhuis ergänzte mit dem Verweis auf das Aussteigerprogramm der NRW-Polizei.
Gastgeberin Kaddor sprach die Videoüberwachung in Hamborn an und fragte den Polizeipräsidenten nach der Anzahl der durch diese Maßnahme erfolgten Festnahmen. Eine Festnahme hätte es gegeben, jedoch sei diese Art von Videoüberwachung Präventionsarbeit und keine dauerhafte Lösung. Die Überwachung sei kein dauerhaftes Instrument begründet über den zu hohen Personalaufwand. Es sei damals das „perfekte Mittel“ gewesen. Als eine Antwort auf eine Publikumsfrage unterstrich Dierselhuis später, dass auch keine weitere Videoüberwachung geplant sei.
Der Polizeipräsident verwies auf die Notwendigkeit, dass intern Tätergruppen definiert werden müssen. Der Begriff „Clankriminalität“ kam aus der Presse und nicht von der Polizei. Ursprüngliche hieße es in etwa: „Ethisch abgeschottete Milieus“. Für Vielfalt in der Gesellschaft plädierte auch Dierselhuis. Für die Aufnahme in die Polizei sei jedoch zumindest eine EU-Staatsbürgerschaft nötig. Etwa 25 Prozent der Bewerber für den höheren Dienst hätten einen Migrationshintergrund. Unter den Eingestellten läge die Quote ungefähr bei 15 Prozent. „Grundvertrauen sei also auch bei Migranten da“.
Das Publikum bestand aus etwa 25 Interessierten, die zum Ende der Diskussion auch ausgiebig Fragen ans Podium richteten. Bei den Publikumsfragen ging es hauptsächlich um die Perspektive und die Anliegen von Betroffenen und deren Ausstiegsmöglichkeiten. Die Familienministerin bekundete ihre Unterstützung für Betroffene und räumte ein, dass es noch zu wenige Dienste und Stellen geben würde. Die zwei in Duisburg vorhandenen Frauenhäuser seien in der Regel voll belegt. Dieser Trend würde sich auch NRW-weit bestätigen, dennoch sei die Umsetzung der Istanbuler Konvention geplant. Deutschland unterzeichnete diese 2017 und verpflichtete sich nach Artikel 20 der Konvention dazu, den Zugang zu Diensten wie Frauenhäusern sicherzustellen.