Familienoper Don Quijotes innere Fantasiewelt
Duisburg · Die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg übernahm jetzt ihre Produktion der Kammeroper „Meister Pedros Puppenspiel“ („El retablo de Maese Pedro“) von dem vor 75 Jahren gestorbenen spanischen Komponisten Manuel de Falla (1876-1946) erfolgreich in ihr hiesiges Haus – eine fantasievolle Familienoper mit Marionetten.
Warum dies eine Koproduktion mit dem international renommierten Düsseldorfer Marionetten-Theater ist, erklärt sich durch einen kurzen Blick auf die Handlung: Eines Abends verläuft die Aufführung von Meister Pedros Puppenspiel einmal ganz anders als gedacht. Ein Zuschauer gerät so in den Bann der sagenhaften Geschichte von der entführten Königstochter Melisendra, dass ihn bald nichts mehr im Publikum hält.
Es ist Don Quijote, der für seine eigene Fantasie kämpfende Ritter aus dem berühmten Roman von Miguel de Cervantes, der sich hier in einem seiner vielen Abenteuer wiederzufinden glaubt. Und so stürmt Don Quijote kampfeslustig Meister Pedros Bühne, um Melisendra, die soeben mit ihrem Gatten Don Gayferos fliehen konnte, vor rachsüchtigen Verfolgern zu schützen. Leider gerät er dabei so in Rage, dass er sein Schwert erst ruhen lässt, als auch die letzte Puppe der Verfolgertruppe ihren Kopf verloren hat und das Publikum längst geflüchtet ist. Seine „Heldentat“ widmet er mit großer Geste seiner imaginären Herzensdame Dulcinea, während Meister Pedro den Verlust seiner Puppen beklagen muss.
Die junge Regisseurin Ilaria Lanzino und der Videokünstler Torge Möller (von „fettfilm“) haben ihre fantasievolle und wirklich witzige Inszenierung für Familien (also für alle Menschen ab sechs Jahren) erdacht. Anton Bachleitner und Anna Zamolska sind nicht nur die Puppenspieler, sondern als solche auch Figuren auf der Bühne. Lanzino, Möller und Bachleitner haben außerdem gemeinsam Bühne und Kostüme gestaltet. Da die eigentliche Oper nur 25 Minuten dauert, gibt es als „Ouvertüre“ jene stilistisch ähnlichen und 20-minütigen „Danses concertantes“ für Kammerorchester, die der vor 50 Jahren gestorbene Igor Strawinsky (der bei der Uraufführung der Falla-Oper 1923 in Paris anwesend war) 1941 (also vor 80 Jahren) schrieb. Zu diesem Vorspiel wird das äußerliche „Theater auf dem Theater“ ebenso aufgebaut wie Don Quijotes innere Fantasiewelt. Damit auch noch die am weitesten entfernten Besucher die kleinen Marionetten gut erkennen können, werden sie auf einer Leinwand auf der Bühne vergrößert gezeigt. Am Ende springt Don Quijote dank Live-Video und „Zauberei“ (Green-Screen) direkt auf die Puppenbühne. Die Oper wird in deutscher Sprache mit Übertiteln gespielt.
Die Gesangs-Besetzung der Übernahmepremiere wirkte sehr treffend, sowohl der bewährte Johannes Preißinger als salbungsvoller Meister Pedro als auch Sander de Jong und Jake Muffett aus dem Opernstudio als Pedros Sohn, der als Ausrufer keinen blassen Schimmer von der Geschichte hat, die er da jeden Abend erzählen muss, beziehungsweise als würdevoll verrückter Don Quijote. Rheinopern-Kapellmeister Ralf Lange schließlich sorgt als Dirigent dafür, dass die Duisburger Philharmoniker die beiden kniffligen Partituren zum klaren Leuchten bringen.
Das Ganze ist ebenso kurzweilig wie tiefgründig – man muss es also erlebt haben.