Tierschützer in Duisburg-Marxloh „Hier werden Katzen mit Knüppeln einfach totgeschlagen“

Duisburg · In Duisburg-Marxloh leben Hunderte streunende Katzen. Viele von ihnen müssten eigentlich kastriert werden, doch die Behandlung ist wegen Corona teurer geworden. Tierschützer fordern nun Hilfe und klagen über Angriffe auf die Tiere – auch von Kindern.

 In Duisburg-Marxloh leben Hunderte Katzen, die niemandem gehören.

In Duisburg-Marxloh leben Hunderte Katzen, die niemandem gehören.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

An der Mauer an der Arminstraße in Marxloh klebt noch das Blut. Patricia Dahmen läuft hier oft vorbei, meistens wenn es dunkel ist. Bis zu vier Kilo Futter hat die 24-Jährige dann dabei, die Katzen füttert hier draußen ja sonst keiner, sagt sie.

Die Tiere verstecken sich in heruntergekommenen Garagen und verlassenen Lagerhallen. Es sind Streuner, sie gehören niemandem, also kümmert Dahmen sich um sie. Sie wohnt nur ein paar Meter entfernt in einem der Mehrfamilienhäuser. Vor einigen Wochen hat eine Freundin von ihr am Ende der Arminstraße einen toten Kater gefunden. Die beiden brachten das Tier in die Pathologie, es sah nicht aus wie ein Unfall und mit einem Auto kommt man in der engen Seitenstraße auch kaum voran. Der Arzt bestätigte ihr mulmiges Gefühl. Offenbar wurde der Kater totgeschlagen.

Im Duisburger Norden leben sehr viele streunende Katzen. Rainer Sobottka schätzt, dass es Hunderte sein müssen. „Von mindestens 190 Tieren wissen wir sicher, dass sie nicht kastriert sind“, sagt Sobottka. Er arbeitet für den Tierschutzverein Kamp-Lintfort, der auch für Duisburg zuständig ist. Im kommenden Frühjahr könnten so bis zu 250 Katzenbabys zur Welt kommen, so hat es Sobottka errechnet. Tiere, um die sich dann niemand kümmert – und die wahrscheinlich auf der Straße leben werden.

Sobottka und Dahmen stehen schon seit einigen Monaten in Kontakt und helfen sich gegenseitig bei der Pflege der Katzen. Dahmen hat Anfang 2019 auf Facebook die Gruppe „Streuner Hilfe Duisburg Marxloh und Umgebung“ gegründet. Zusammen mit Cilem Bastas und Jin Kurt, die sie im Internet kennengelernt hat, setzt sich für die Katzen in Marxloh ein – und für deren Kastration. Sobottka sagt: „Die Population droht hier zu explodieren.“

 Tierschützerin Patricia Dahmen sorgt sich um die Katzen.

Tierschützerin Patricia Dahmen sorgt sich um die Katzen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Zuletzt hatten eine Klinik und mehrere Tierärzte die Kastration der Marxloher Katzen abgelehnt. „Wegen Corona hatten sich so viele Menschen Tiere angeschafft, dass es fast überall einen Aufnahmestopp gab“, sagt Sobottka. Mittlerweile seien zwar wieder Kapazitäten da, aber die Preise plötzlich viel teurer.

In der Tierklinik Asterlagen, der letzten großen Klinik in Duisburg, sind die Kosten bei weiblichen Katzen von 65 auf 145 Euro gestiegen, bei Katern von 55 auf 75 Euro. „Das können wir als Tierschützer einfach nicht mehr bezahlen“, sagt auch Dahmen. Auch viele Privatbesitzer, so glaubt sie, würden gerade im sozial-schwachen Norden der Stadt dann lieber auf eine Kastration verzichten. Doch die ist eigentlich gesetzlich vorgeschrieben.

In Duisburg müssen Hauskatzen, die regelmäßig nach draußen gelassen werden, seit 2019 kastriert werden. Die Tierschützer kritisieren, dass das kaum kontrolliert wird. Für streunende Katzen sind im Zweifel diejenigen verantwortlich, die sie füttern – in dem Fall also Dahmen selbst. Mehr als 100 Katzen hat sie mit ihrer Gruppe in Marxloh bislang beim Tierarzt kastrieren lassen. Das zahlten sie dann selbst – oder mit Spendengeldern.

Noch eine andere Sache beklagt Dahmen: Gewalt gegen die freilaufenden Tiere. Oft seien es Kinder, die mit den Katzen spielen und sie grob angehen. Einmal, sagt Dahmen, habe sie gesehen, wie zwei Kinder ein vier Wochen altes Katzenbaby mit Steinen bewarfen. Eine Nachbarin will beobachtet haben, wie ganz in der Nähe Kinder ein Tier einfach durch die Luft warfen. Und Sobottka, der auch schon öfter in Marxloh war, sagt: „Hier werden Katzen mit Knüppeln einfach totgeschlagen.“

Dahmen hat in diesem Jahr bereits mehr als 30 tote Tiere gefunden. Oft sei nicht klar, wie sie gestorben sind. Manche hat sie deshalb zu einem Tierarzt bringen und untersuchen lassen. Zuhause hat sie selbst fünf Katzen. Raus lässt sie die allerdings nicht. „Das ist mir viel zu gefährlich“, sagt Dahmen.

Hoffnung hatten sich die Tierschützer aus Marxloh bei der Politik gemacht. Am 27. September wurde im Rat ein Antrag der Grünen diskutiert. Dort forderte die Partei den Ehrenamtlichen ein Budget und Personal zur Verfügung zu stellen, um die Situation der Tiere zu verbessern. Der Antrag wurde jedoch ohne Diskussion abgelehnt. „Wir wissen nicht mehr, was wir noch tun sollen“, sagt Dahmen.

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