Prozess in Duisburg 14 mutmaßliche Mafiosi wegen Drogenhandels angeklagt

Duisburg · Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat gegen 14 Männer im Alter zwischen 30 und 56 Jahren Anklage bei dem Landgericht Duisburg erhoben. Dabei geht es um den Handel mit 680 Kilogramm Kokain durch Mitglieder der kalabrischen Mafia.

Razzia in einer Eisdiele in Duisburg wegen vermuteter Drogendelikte.

Razzia in einer Eisdiele in Duisburg wegen vermuteter Drogendelikte.

Foto: Christoph Reichwein

Das teilte das Landgericht Duisburg am Freitag mit. Allein die Anklageschrift umfasse 649 Seiten, so Sarah Bader, Sprecherin des Landgerichts. Dem Gericht seien dazu in 57 Umzugskartons verpackte Ermittlungsakten und mehrere Terabyte Daten über die Aufzeichnung von Observationen und der Telekommunikation vorgelegt worden.

Den Angeschuldigten wird – neben der Bildung und Unterstützung einer ausländischen kriminellen Vereinigung, gewerbsmäßiger Geldwäsche und gewerbsmäßigem Betrug sowie Steuerhinterziehung und Verstößen gegen das Waffengesetz – insbesondere vorgeworfen, zwischen Januar 2014 und Dezember 2018 in wechselnder Tatbeteiligung mit Kokain in einer Menge bis zu 220 Kilo pro Tat gehandelt zu haben. Von insgesamt 51 angeklagten Tatkomplexen betreffen 30 den Kokainhandel und weitere fünf den Handel mit Marihuana. Über 400 Kilo Kokain sollen tatsächlich transportiert worden sein, über weitere rund 280 Kilo sollen konkrete Verhandlungen geführt worden sein. Der Ankaufspreis soll bis zu 36.000 Euro pro Kilogramm Kokain betragen haben.

Laut Anklage wurde der Rauschgifthandel in jedenfalls 16 der angeklagten Fälle durch Mitglieder der ‘Ndrangheta – der kalabrischen Mafia – finanziert und organisiert. Während es sich bei fünf Angeschuldigten laut Staatsanwaltschaft um Mitglieder der ‘Ndrangheta handeln soll, sollen sechs der übrigen Angeschuldigten die Vereinigung zum Beispiel durch die Gewährung von Darlehen zum Ankauf weiterer Drogen unterstützt haben. Die Männer kommen den Angaben zufolge unter anderem aus Duisburg, Mönchengladbach, Düsseldorf, Köln, Solingen, Grevenbroich, Wesseling und Neuss.

Die Einnahmen aus den Drogengeschäften sollen zudem nicht ordnungsgemäß versteuert worden sein. Der durch die ‘Ndrangheta organisierte Kokainhandel erfolgte laut Anklage stets nach demselben Muster: Die Betäubungsmittel sollen regelmäßig aus Südamerika nach Europa – zum Beispiel in die Niederlande oder nach Belgien – transportiert und dann innerhalb Europas in verschiedene Länder vertrieben worden sein. Bereits im Vorfeld sollen mit den südamerikanischen Lieferanten die Preise für die Betäubungsmittel und die erforderlichen Logistikleistungen abgestimmt worden sein. Sogenannte „Broker“ sollen dann mit den verschiedenen Familien der ‘Ndrangheta die gewünschte Menge Kokain sowie die Höhe der Investitionen der einzelnen ‘Ndrangheta-Familien besprochen haben. Erst wenn ein Vermittler in Südamerika die Zuverlässigkeit der Lieferanten und die Sicherheit des bevorstehenden Transports der Ware bestätigte, soll in Europa die Bezahlung der Ware veranlasst und das Kokain anschließend auf dem Luft- oder Seeweg nach Europa eingeführt worden sein.

Zur Tarnung des Kokaintransportes wurden laut Anklage mitunter eigens Unternehmen gegründet, die legale Ware – beispielsweise Bananen, Reis oder Holz – offiziell bestellten, damit im Anschluss die Drogen – getarnt durch den gemeinsamen Transport – eingeführt werden konnten. Zur Sicherung der Lieferung und des anschließenden Vertriebs des Kokains sollen unter anderem abhörsichere Mobiltelefone sowie mit Verstecken ausgerüstete Kurierfahrzeuge verwendet worden sein.

Laut Staatsanwaltschaft dienten verschiedene Restaurants und Eiscafés als logistische Stützpunkte sowie zum Teil dem finanziellen Gewinn durch fingierte Einbrüche und anschließenden Versicherungsbetrug. Die Mitglieder der ‘Ndrangheta sollen Außenstehende zudem als Finanziers eingebunden haben. Als solche Geldgeber sollen auch einige der Angeschuldigten gedient haben, deren Ziel laut Anklage darin bestand, durch hohe Zinsen Gewinn zu machen.

Die Höhe der gewährten Darlehen soll sich auf mindestens 525.000 Euro belaufen haben. Die zunächst nur als Finanziers eingesetzten Angeschuldigten sollen zunehmend in den Betäubungsmittelhandel eingebunden worden sein, indem sie – so die Anklage – beispielsweise Fahrzeuge zur Verfügung stellten und den Handel logistisch unterstützten.

Das Verfahren ist bei der 4. Großen Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer anhängig, weil die Anklage auch Steuerstraftaten enthält. Die Richter prüfen derzeit die erhobenen Vorwürfe im sogenannten Zwischenverfahren. Dabei wird die Kammer über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung entscheiden.

Vor dieser Entscheidung haben die Angeschuldigten in den kommenden Monaten Zeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

(mtm/afp)
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