Lesung in der Sportschule Wedau Vater und autistischer Sohn als „Wochenendrebellen“

Duisburg · Mirco von Juterczenka las mit seinem autistischen Sohn auf Einladung der MSV-„Zebraherde“ in der Sportschule Wedau.

 Mirco von Juterczenka und sein Sohn Jason.

Mirco von Juterczenka und sein Sohn Jason.

Foto: Sabrina Nagel

„Duisburg ist Rekordlesung“, bemerkte Autor Mirco von Juterczenka, nachdem er dreieinhalb Stunden mit seinem dreizehnjährigen Sohn Jason in der Sportschule Wedau aus dem gemeinsamen Buch „Wir Wochenendrebellen“ gelesen hatte. Das Publikum, das der Einladung der MSV-Fangemeinde „Zebraherde“ gefolgt war, interessierte sich zunächst eher für die Kapitel des Buches, die sich mit dem Thema Fußball beschäftigen. Allerdings ist „Wir Wochenendrebellen“ viel mehr als ein Fußballbuch. Eigentlich geht es um das Verhältnis zwischen Vater und Sohn, das durch die Reisen zu unterschiedlichen Stadien Europas vertieft wurde und wird.

Jason ist Autist, und nachdem er 2011 zum ersten Mal bei einem Fußballspiel war, ist er auf der Suche nach seinem Lieblingsverein. Da er für fast alles in seinem Leben Regeln aufstellt („Die Liste ist nicht unendlich – das ergibt keinen Sinn – aber sehr lang!“), gibt es auch für einen Lieblingsverein bestimmte Regeln bzw. Ausschlusskriterien. Jason mag z.B. lieber leicht verrottete Stadien als hochmoderne, Maskottchen findet er fürchterlich und wenn die Spieler sich vor dem Anpfiff in einem Kreis versammeln, hat der Verein keine Chance bei ihm.

Die eigentliche Lesung begann mit dem Kapitel, das beschreibt, wie sich Jasons Autismus äußert und dass dieser nicht nur als Behinderung gesehen werden könne, sondern auch viele Vorteile biete. Schnell wurde danach im Plenum abgestimmt, welche zwei Kapitel noch gelesen werden sollten. Papa Mirco übernahm und wurde immer wieder unterbrochen, weil Jason unzufrieden war; meist über Formulierungen oder Behauptungen, die sein Vater aufstellte. Es musste dann alles sofort diskutiert werden.

Für das Publikum war das höchst unterhaltsam, man bekam aber auch einen Eindruck vom Leben mit einem autistischen Menschen. Viel Geduld und Kompromissbereitschaft sind vonnöten und die ganze Familie muss bereit sein, sich einzustellen auf die andere Wahrnehmung, von der man ihrerseits sehr viel lernen kann. Jasons Konsequenz ist zum Beispiel bewundernswert. Für die Dinge, die ihm am Herzen liegen, setzt er sich kompromisslos ein. Er wird laut gegen rechte Gesinnung, setzt sich ein für den Umweltschutz, forscht zu chaotischen physikalischen Systemen und unterstützt mit den Lesereisen die „Neven-Subotic-Stiftung“, die Brunnen und Sanitäranlagen in Nord-Äthiopien baut. In einer Fragerunde hatte das Publikum die Möglichkeit, mehr über das Vater-Sohn-Gespann zu erfahren, und das war interessant.

Am Ende der Lesung signierte Jason die Bücher folgendermaßen: „Heb‘ dieses Buch gut auf. Bald bin ich ein berühmter Wissenschaftler und dann ist es viel wert.“ Nachdem man Jason kennengelernt hat, klingt das auch gar nicht überheblich, sondern äußerst realistisch.

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