Sommerliches Orgelkonzert Mit Murnaus „Faust“-Film in den Sommer

Duisburg · An der Evangelischen Friedenskirche Hamborn begannen die diesjährigen Sommerlichen (Orgel-)Konzerte.

 In diesem Jahr finden in der architektonisch ansprechenden Friedenskirche zum 25. Mal die Sommerlichen Orgelkonzerte statt.

In diesem Jahr finden in der architektonisch ansprechenden Friedenskirche zum 25. Mal die Sommerlichen Orgelkonzerte statt.

Foto: Andreas Probst

Vor 45 Jahren wurde in die Evangelische Friedenskirche Hamborn eine mittelgroße Orgel der Firma Eule aus dem sächsischen Bautzen eingebaut, das ist nach wie vor eine der besten Orgeln Duisburgs. In diesem Jahr finden in der architektonisch ansprechenden Kirche zum 25. Mal Sommerliche Orgelkonzerte statt. Genauer gesagt heißen diese seit drei Jahren – also seit der Kirchenmusiker Peter Stockschläder dort für die Planung verantwortlich ist – „Sommerliche (Orgel-)Konzerte“, denn nicht mehr alle der sechs Mittwochabende in den Sommerferien sind nun reine Orgelkonzerte.

Zum Auftakt gab es jetzt einen Stummfilm mit Orgelimprovisation, zum dritten Mal nach „Der Glöckner von Notre-Dame“ 2017 und „Nathan der Weise“ 2018. Vor 100 Jahren hatten ja mittlere bis große Kinos eine Kino-Orgel (die ganz großen ein eigenes Orchester), mit denen die Stummfilme begleitet wurden. Seit einigen Jahren wird diese Tradition in mittleren bis großen Kirchen wieder aufgenommen. Das diesjährige Meisterwerk in der Friedenskirche war „Faust – eine deutsche Volkssage“ von Friedrich Wilhelm Murnau aus dem Jahr 1926. Dieser Film zerfällt deutlich in zwei Teile, anfänglich düster und holzschnittartig nach Motiven aus dem Volksbuch „Historia von Doktor Johann Fausten – dem weltbeschreyten Zauberer und Schwarzkünstler“ (1587) und im sarkastisch-grellen zweiten Teil mit der Gretchentragödie nach den Dramatisierungen dieses Stoffs durch Christopher Marlowe und nicht zuletzt Johann Wolfgang von Goethe.

 Den faszinierenden Klangteppich lieferte Otto Maria Krämer, Lehrbeauftragter für Liturgisches Orgelspiel an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz.

Den faszinierenden Klangteppich lieferte Otto Maria Krämer, Lehrbeauftragter für Liturgisches Orgelspiel an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz.

Foto: Andreas Probst

Insgesamt erscheint die Ästhetik teils expressionistisch, teils schwarzromantisch, aber niemals überzogen. Auf die Suche des alten Faust nach Weisheit folgt hier das Angebot Mephistos, dem greisen Gelehrten mittels eines mit Blut besiegelten Pakts ein Leben in ewiger Jugend zu verschaffen sowie Fausts Begegnung mit Gretchen mit den Episoden Verführung, Duell mit Gretchens Bruder Valentin, Gretchen am Pranger und dann als Madonna im Schnee, die ihr Kind scheinbar ermordet hat, schließlich auf dem Scheiterhaufen die gemeinsame Erlösung durch Liebe. Die Klammer, die das zusammenhält, besteht aus Prolog und Epilog im Himmel: Am Anfang schließen der Erzengel Michael und Mephisto einen Pakt, nach dem Mephisto die Erde gehören würde, wenn es ihm gelänge, Fausts Seele zu erringen – am Ende hat Mephisto diese Wette verloren, da er besiegt wurde durch eine Macht, die er nicht kennt, eben die Liebe.

Murnau fuhr alles auf, was die damalige Tricktechnik an „Zauberei“ zu bieten hatte, zum Beispiel Doppelbelichtungen, etwa wenn Faust und Mephisto durch die Luft fliegen. Einen besonderen Anteil an der Qualität haben die monumentalen „Bauten, Landschaften und Kostüme“ von den beiden bedeutendsten deutschen Szenenbildnern und Filmarchitekten des vergangenen Jahrhunderts, Robert Herlth und Walter Röhrig. Zeitlos erscheinen die Leistungen der Darsteller, allen voran der schwedische Theaterstar Gösta Ekman als Faust, das grandiose Leinwand-Debüt der damals 23 Jahre jungen Camilla Horn als Gretchen und der wahrhaft teuflische Charme von Emil Jannings als Mephisto.

Den faszinierenden Klangteppich lieferte auch diesmal wieder der vor 55 Jahren geborene Otto Maria Krämer, seit 1993 Organist und Kantor an St. Marien in Straelen sowie seit 2013 Lehrbeauftragter für Orgelimprovisation und Liturgisches Orgelspiel an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Über mehr als 100 Minuten ließ die Spannung nie nach, wusste die Orgel immer schon von dem Grauen auch hinter den scheinbar heiteren Szenen, spielte auf passende Liedzitate an wie „Es ist ein Ros entsprungen“. Der Beifall hernach war groß.

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