Ohne Job zu sein ist für Ältere besonders schwierig Uni-Studie: Schlechte Chancen für Arbeitslose über 60

Duisburg · Das Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen diagnostiziert eine seit Jahren bestehende mangelnde Arbeitsförderung für Ältere. Vor allem Menschen über 60 sind betroffen.

 Der Uni-Campus in Neudorf aus der Vogelperspekive.

Der Uni-Campus in Neudorf aus der Vogelperspekive.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Das waren noch Zeiten, als Mannesmann 55-Jährige in den Vorruhestand schickte und ihnen finanzielle Angebote machte, die sie nicht ablehnen konnten. Heute sieht die Situation für ältere Menschen ohne Arbeit längst nicht mehr so gut aus. Wer mit 60 Jahren heutzutage arbeitslos wird, bekommt nicht selten Existenzängste. Vor diesem Hintergrund ist eine Untersuchung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen höchst brisant. Das Fazit des aktuellen IAQ-„Altersübergangsreports“ lautet: Arbeitslosigkeit trifft zunehmend auch Menschen über 60. Die Arbeitsförderung hat aber mit der Entwicklung der Altersarbeitslosigkeit in den letzten Jahren nicht Schritt gehalten. Die Teilnahmezahlen von älteren Menschen in Förderprogrammen sind rückläufig. Ältere Arbeitssuchende werden nach wie vor unterproportional gefördert, und die Chancen, (wieder) einen Job zu finden, sind im Vergleich zu Jüngeren auch nach einer Maßnahme geringer.

Die Untersuchung umfasst die Jahre 2010 bis 2018. Durch die Corona-Pandemie dürfte sich die schwierige Lage von älteren Arbeitssuchenden noch verschärft haben. Und das angesichts der Tatsache, dass das Rentenalter immer mehr nach hinten verschoben wird.

Um die Erwerbschancen Älterer zu verbessern, seien die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nach Ansicht von Vermittlungsfachkräften weniger geeignet. Vor allem die persönliche Beratung der Arbeitsuchenden und der Unternehmen, die ältere Arbeitslose einstellen, seien wichtige Mittel. Allerdings sei die Wirkung der Beratung nur schwer messbar. Darüber hinaus könnte die Beratung – möglicherweise auch unterlassene Beratung – dazu geführt haben, dass ältere Arbeitslose keine Arbeitsangebote erhalten haben und deshalb in den vergangenen Jahren, aufgrund einer Sonderregelung, zunehmend schlichtweg aus der Arbeitslosenstatistik fallen. Das Problem werde also regelrecht ausgeklammert.

Die Arbeitsförderung für ältere Arbeitsuchende muss nach Einschätzung der IAQ-Forscher Prof. Dr. Martin Brussig und Arthur Kaboth sowohl quantitativ wie qualitativ ausgebaut werden. Diese Weiterentwicklung sei vor allem wegen der stufenweisen Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre erforderlich, betonen sie. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und die Beratung seien dabei keine Gegensätze, denn eine effektive und angemessene Unterstützung sei Voraussetzung, um an einer geeigneten Maßnahme teilzunehmen.

Die Chancen auf einen Job hängen allerdings nicht nur von den Bemühungen der Arbeitsagenturen und Jobcentern ab, sondern auch im hohen Maße vom Einstellungsverhalten der Arbeitgeber und nicht zuletzt von der Bereitschaft der Arbeitsuchenden.

Der Altersübergangs-Report des IAQ veröffentlicht seit 2004 in unregelmäßiger Folge Ergebnisse des ‚Altersübergangs-Monitors‘, der von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wird.

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