Erflogsautor las in der Zentralbibliothek Hilmar Klute und „Die schweigsamen Affen der Dinge“

Duisburg · Hilmar Klute bewies jetzt bei seiner Lesung in der Zentralbibliothek seinen ganz eigenen Humor. Seinen aalglatten Supermarkt-Leiter Vorkötter gab es wirklich. Der „Streiflicht“-Autor erwies sich einmal mehr als echtes Kind des Ruhrgebiets.

Hilmar Klute las jetzt auf Einladung des Literaturvereins Duisburg.

Hilmar Klute las jetzt auf Einladung des Literaturvereins Duisburg.

Foto: Literaturverein

Autofiktional nennt man das, wenn ein Buch weitgehend autobiographisch ist und auf dem Titel „Roman“ steht. Jetzt war in der Zentralbibliothek durch den Verein für Literatur ein besonders gelungenes Beispiel für dieses Genre zu erleben.

Hilmar Klute, geboren 1967 in Bochum, lebt seit langem in Berlin. Ein breiteres Publikum kennt ihn als Redakteur der Kolumne „Streiflicht“ in der Süddeutschen Zeitung. Sein jüngster, dritter Roman heißt „Die schweigsamen Affen der Dinge“, was ein Zitat des Naturlyrikers Oskar Loerke ist.

Henning heißt der Held des Romans, er hat es geschafft: als Arbeiterkind im Ruhrgebiet aufgewachsen, hat er sich früh für Literatur begeistert, hat studiert und sich als Journalist einen guten Ruf erarbeitet. Seine Herkunft bleibt für ihn allerdings ein Makel, den es zu überdecken gilt.

Als sein Vater stirbt, trifft Henning auf der Beerdigung einen alten Freund seines Vaters namens Jochen, der ihm von ganz anderen Seiten des Verstorbenen berichtet. Das ist ein Roman über Klassenschranken, den Aufstieg durch Bildung, das Leben im Ruhrgebiet und die rettende Kraft des Lesens.

In Duisburg las Hilmar Klute daraus jetzt dafür besonders gut geeignete Fragmente, die sich zu ersten Mosaiksteinchen rundeten. Mit der Bildung scheint die Empathie zu wachsen. Der krebskranke Vater versteht das Wort „palliativ“ nicht und glaubt, der „Knubbel“ in seinem Knie würde wieder kleiner werden.

Die Heimat spaltet sich in „Dableiber“ und „Weggeher“. Der Held hasst die „Industriekultur“ im Ruhrgebiet, die unterdrückerische Unternehmen im Nachhinein verkläre – das ist allerdings nicht die Meinung des Autors, wie er hier erklärte: „Ich bin viel besser gelaunt als Henning.“

Überhaupt ähnelt Klutes treffsicherer Humor immer mehr dem seines gleichfalls in Bochum geborenen Kollegen Frank Goosen (der übrigens „Die schweigsamen Affen der Dinge“ als Hörbuch eingelesen hat).

Zum Beispiel stellt sich Henning als Kind vor, wie die im Keller der Großeltern eingeweckten Lebensmittel „schlummern“ und sich „beim Aufwachen recken, strecken und gähnen“. Herrlich auch die Beschreibung des aalglatten Supermarkt-Filialleiters Herr Vorkötter.

„Letzten Donnerstag hatte ich eine Lesung in Bochum“, erzählte Klute jetzt in Duisburg, „da saß im Publikum ein älterer Herr, der kannte noch Herrn Vorkötter. Was soll man da sagen? Ich dachte immer, ich hätte Herrn Vorkötter erfunden.“

Die nächste Lesung beim Verein für Literatur am Montag, 27. Februar, um 20 Uhr, hält Christine Westermann aus ihrem jüngsten Buch „Die Familien der anderen. Mein Leben in Büchern“. Karten zu zehn Euro, im Vorverkauf (in der Zentralbibliothek oder online über www.stadtbibliothek.de und www.eventim.de) acht Euro. Für Mitglieder des Vereins ist der Eintritt kostenlos.

(hod)
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