Jazz in der Säule Trio würdigt das Lebenswerk von Wayne Shorter

Duisburg · In der Säule-Konzert-Reihe gab es jetzt ein hervorragendes Hommage-Konzert an den Saxophonisten.

 Saxophonistin Christine Corvisier ließ sich ganz in die Harmonien des Stücks fallen und erforschte die tonalen Möglichkeiten der Changes bis ins letzte Detail.

Saxophonistin Christine Corvisier ließ sich ganz in die Harmonien des Stücks fallen und erforschte die tonalen Möglichkeiten der Changes bis ins letzte Detail.

Foto: Heidrun Hertel

Erst kürzlich gewann der wegweisende und bahnbrechende Saxophonist Wayne Shorter mit stolzen 85 Jahren nochmal einen Grammy - seinen sechsten insgesamt. Doch die stilistische Revolution, die der Musiker lostrat, der in Miles Davis zweitem Quintett richtig durchstartete, lässt sich kaum in kleinen Goldstatuen bemessen. Dafür umso besser in dem Spiel moderner Saxophonisten, wie am Mittwochabend in der Säule-Jazz-Reihe, die sich mit dem Konzert von Christine Corvisier (Saxophon), Tom Lorenz (Vibraphon) und Volker Heinze (Bass) in die Sommerpause verabschiedete. Zur Feier des Lebenswerks Shorters spielte das hervorragende Trio ein Konzert ausschließlich mit Kompositionen des Amerikaners. Das filigrane, kammermusikalische Jazzspektakel tröstete auch über die leeren Plätze in der Säule hinweg, ein Konzert dieser Größenordnung hätte einen ausverkauften Raum verdient gehabt.

Die Jazzfans, die gekommen waren, erlebten gleich zu Beginn der „Shorter Stories“ eine der bekanntesten Kompositionen, „Speak No Evil“ vom gleichnamigen Album. Auch wenn der Shorter-Einfluss in Corvisiers Soli oft durchblitze - der Ton der gebürtigen Französin stand ganz im Zeichen der zeitgenössischen Jazzer. Durchdringend, dunkel, präsent – so wie die aktuellen Stars um Joshua Redman und Co. spielen, klang auch Christine Corvisier. Obwohl sie, wie alle Musiker auf der Bühne, ihr Instrument technisch perfekt beherrschte, machte die Saxophonistin keine Zirkusnummern aus den Soli der sehr nachdenklichen, in sich gekehrten Stücken Shorters. Viel mehr ließ sich die Musikerin ganz in die Harmonien des Stücks fallen und erforschte die tonalen Möglichkeiten der Changes bis ins letzte Detail. Das bot sich bei Shorters eher modalem Kompostionsstil natürlich an, trotzdem widerstanden alle drei Bandmitglieder in ihren Soli der Versuchung, die vergleichsweise simplen Akkordfolgen mit wilden und gewagten Läufen zu füllen - auch wenn es die natürlich, sehr dezent eingestreut, ebenfalls gab. Die Begleitung von Lorenz und Heinze war bei Corvisiers Soli präsent genug, um die Solistin zu tragen, aber gleichzeitig nicht zu aufdringlich.

Volker Heinze zeigte bei seinem Solo im „Dance Cadaverous“, wie weit sich auch ein Kontrabass tonal strecken kann. Sehr sanglich und agil klang das Solo des Kölners, und fügte sich hervorragend in den kammermusikalischen Charakter des Konzerts ein. Der wurde auch in den Soli von Tom Lorenz deutlich hörbar, zum Beispiel in einem weiteren Shorter-Hit, „Footprints“. Dabei bewegte sich Lorenz mit seinem agilen Spiel oft und gerne „Outside“, also außerhalb des Akkords auf dem Papier. Das passte natürlich perfekt in das Thema des Abends, den Outside-Stil hatte Wayne Shorter im Zusammenspiel mit Herbie Hancock im zweiten Quintett entscheidend entwickelt. Generell herrschte in allen Soli die große Prämisse der Quintettzeit, die „kontrollierte Freiheit“, die alle drei Solisten hervorragend umsetzten.

In diesem Stil bewegte sich das Trio noch durch viele weitere von Wayne Shorters Kompositionen, zum Beispiel „Go“ oder das träumerische „Night Dreamer“, und zauberte ein musikalisch perfektes und ästhetisch hervorragendes Konzert auf die Bühne und zeigte einmal mehr, wie Jazz am besten klingt – live.

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