Helios St. Johannes in Duisburg Gewalt gegen Kinder: 72 Opfer behandelt

Duisburg · Das Helios Klinikum St. Johannes und der Verein Riskid haben im Rahmen des dritten Duisburger Fachtages Kinderschutz Gesetzesänderungen angemahnt. Nur so sei es möglich, Kinder effektiv vor Gewalttaten zu schützen.

 72 Kinder wurden wegen des Verdachts auf Gewalttaten im Helios-Klinikum behandelt.

72 Kinder wurden wegen des Verdachts auf Gewalttaten im Helios-Klinikum behandelt.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Die Zahlen, die die Vertreter des Duisburger Kinderschutzvereins Riskid auf den Tisch legen, haben es in sich. Zwei bis drei Kinder sterben pro Woche in Deutschland infolge von Gewalt. Und allein in der Kinderschutzgruppe des Helios Klinikums St. Johannes in Hamborn wurden im vergangenen Jahr 72 Kinder stationär wegen des Verdachts auf Gewalttaten behandelt. Das ist nicht nur für die Kinder schrecklich, sondern auch für die behandelnden Ärzte frustrierend. Grund dafür ist die aktuelle Gesetzeslage, die es Ärzten erschwert, sich gegenseitig über Befunde auszutauschen.

Im Rahmen der dritten Fachtagung Kinderschutz informierten das Klinikum und Riskid rund 280 Gäste über den aktuellen Sachstand. „Das größte Problem ist, dass sich Mediziner nach aktueller Gesetzeslage eigentlich strafbar machen, wenn sie sich über Befunde zu einem potenziellen Missbrauchsfall austauschen, ohne die Erlaubnis der Eltern einzuholen“, sagte Dr. Ralf Kownatzki, Kinderarzt und Vorstand des Vereins Riskid. „Dabei sind es natürlich häufig die Eltern, die für Gewalt oder Missbrauch überhaupt erst verantwortlich sind.“ In NRW habe man dieses Problem zwar erkannt, es brauche aber eine bundesweit einheitliche Regelung. „Das Problem dabei ist, dass neben dem Familien- auch das Gesundheitsministerium mit ins Boot muss“, sagte Dr. Peter Seiffert, Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik am St. Johannes und ebenfalls Vorstand bei Riskid. „Das Bundesfamiliengesetz ist derzeit in Überarbeitung. Wir sind der Meinung, dass diese Problematik darin unbedingt berücksichtigt werden sollte.“ Darüber hinaus wünscht er sich vonseiten des Gesundheitsministers eine Klarstellung zum Umgang mit dem Schweigepflichtsparagraphen. „Kindermediziner in ganz Deutschland brauchen diese rechtliche Sicherheit.“ Nur damit ließen sich effiziente Frühwarnsysteme etablieren.

Höhepunkt der diesjährigen Fachtagung war die Verleihung des Gerd-Unterberg-Preises an Rainer Becker, den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Kinderhilfe. Kownatzki ehrte den Polizeidirektor a.D. als engagierten und langjährigen Verfechter der Kinderrechte, der unter anderem für die Einführung der Kinderschutzhotline verantwortlich zeichnet. „Rainer Becker hat sich dabei nie nur auf finanzielle Forderungen beschränkt“, sagte Kownatzki. „Er hat auch immer an den Institutionen gerüttelt und weitere Verbesserungen gefordert.“

Becker selbst griff das gleich auf. „Ich verstehe den Preis als Anregung, weiterzumachen“, sagte er. „Wir brauchen diese Gesetzesänderungen, um mit unserer Arbeit voranzukommen. Beizeiten habe ich den Eindruck, dass in Deutschland immer genau dann nichts passiert, wenn zwei unterschiedliche Stellen zuständig sind. Dass darf Frau Giffey und Herrn Spahn in diesem Zusammenhang nicht passieren.“

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