Duisburg Hartz IV für 400 Zuwanderer-Familien

Duisburg · Rund 11.000 Zuwanderer aus Südosteuropa leben derzeit in Duisburg. 400 Familien nehmen Hartz IV in Anspruch. Von einer "Zuwanderung in die Sozialsysteme" könne daher keine Rede sein, erklären Fachleute.

 Viele Zuwanderer in Duisburg kommen aus schlimmen Verhältnissen und hoffen auf eine bessere Zukunft für sich und ihre Kinder.

Viele Zuwanderer in Duisburg kommen aus schlimmen Verhältnissen und hoffen auf eine bessere Zukunft für sich und ihre Kinder.

Foto: Christoph Reichwein (REI)

Zahlen, Daten und Fakten zum Thema Zuwanderung standen im Mittelpunkt der Gesprächsrunde, zu der die bürgerschaftliche Vereinigung "proDuisburg" ins Caritas Sozialzentrum St. Peter in Hochfeld eingeladen hatte. Im Rahmen der Reihe "proDuisburg spricht mit...", bei der jeweils Themen, die die Stadtgesellschaft bewegen, im Mittelpunkt stehen, hatte Hermann Kewitz von "proDuisburg" zu dem Informationsabend rund um das immer wieder im Fokus stehende Thema Zuwanderung mit Klaus-Peter Bongardt vom Caritas-Verband und dem Awo-Zuwanderungs-Experten Karl-August Schwarthans zwei kompetente Gesprächspartner eingeladen, die nicht nur Fakten zum aktuellen Stand lieferten, sondern auch manches in der Öffentlichkeit entstandene "schiefe Bild" gerade rückten.

Bongardt und Schwarthans waren sich einig, dass man auf politischer Ebene "viel zu lange" mit den notwendigen Maßnahmen gewartet habe, in der Hoffnung, das Problem würde sich von alleine lösen. Rund 11.000 Zuwanderer aus Südosteuropa leben derzeit in Duisburg, damit sei die Gesamtzahl dieser Gruppe trotz permanenter Fluktuation seit zwei Jahren konstant geblieben, berichtete Schwarthans.

Der Integrationsexperte machte deutlich, dass die Zuwanderung in Duisburg eine andere sei als die in vergleichbaren Städten in Süddeutschland. Duisburg biete mit 12 000 leeren Wohnungen die Möglichkeit, an irgendwie noch bezahlbaren Wohnraum zu kommen. Allerdings zöge nicht der rumänische Akademiker oder bulgarische Arzt nach Duisburg, sondern eine eher schlecht ausgebildete Schicht, die versuche, sich auf dem "grauen Arbeitsmarkt" als Tagelöhner "über Wasser zu halten". Schwarthans räumte mit dem von bestimmten politischen Gruppierungen gerne in Anspruch genommenen Mythos "Zuwanderung in die Sozialsysteme" auf: "Das ist Unfug, bei 11 000 hier lebenden Zuwanderern nehmen gerade mal 400 Familien Hartz IV in Anspruch."

Der Awo-Mann erinnerte daran, dass es Ein- und Auswanderung überall auf der Welt seit vielen hundert Jahren gegeben hat. Der Grund sei eigentlich ganz einfach, denn man wolle aus schlimmen Verhältnissen kommend "der Familie und vor allen Dingen den Kindern ein besseres Leben bieten". Der Zuzug vieler Kinder und Jugendlicher sei eine große Chance für die "überalterte" Stadt, wenn man sich in dem erforderlichen Maße um sie kümmere, so Schwarthans. Da sieht er noch Handlungsbedarf. Sarkastisch kommentiere er den Slogan der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft "Kein Kind zurücklassen": "Kommt ja gut an in Sonntagsreden, aber die Realität sieht anders aus. Nach wie vor können 80 Kinder nicht beschult werden, weil es an Lehrern und Räumen fehlt", so der Awo-Fachmann, der ergänzte, dass das NRW-Schulministerium dringend gefordert sei, mehr Lehrer für diese Aufgabe zuzuweisen und die Stadt aber auch entsprechende Räume zur Verfügung stellen müsse.

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Foto: dpa, rwe lof

Klaus-Peter Bongardt von der Caritas berichtete, dass nach Rückkoppelung mit den diversen Schulen feststellbar sei, dass die jungen Zuwanderer-Kinder sehr motiviert und diszipliniert seien und die Eltern in der Regel ein großes Interesse an einer schulischen Ausbildung ihrer Kinder hätten. Nur die Politik müsse sich noch mehr bewegen.

(RP)
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