Duisburger Geschichten und Geschichte Gustav Zander und die heutige Fitnessbewegung

Duisburg · Die Zanderstraße in Duissern erinnert an einen Medizinpionier der heutigen Fitnessbewegung. Kraftmaschinen sollen Körper heilen und wieder in Form bringen.

 Der schwedische Arzt Gustav Zander ist Namensgeber der Zanderstraße in Duissern. Er gilt als Medizinpionier der heutigen Fitnessbewegung.

Der schwedische Arzt Gustav Zander ist Namensgeber der Zanderstraße in Duissern. Er gilt als Medizinpionier der heutigen Fitnessbewegung.

Foto: Meyers Großes Konversations-Lexikon/Wiki gemeinfrei

Die Zanderstraße ist die Nord-Süd-Verbindung zwischen Meidericher und Esmarchstraße. Aber was verbirgt sich dahinter? Stadtarchivarin Lisa Hampel kennt die Antwort. Aus der Straßenakte des Stadtarchivs Duisburg geht hervor, dass die Tiefbauverwaltung  in den 20er Jahren vorschlug, die neu ausgebaute Straße nach einem in den Kreisen der Kriegsbeschädigten bekannten Persönlichkeit zu benennen: Gustav Zander (1835-1920), Begründer der Heilgymnastik.

Der schwedische Arzt und Physiotherapeut gilt noch heute als Urvater der Rehabilitation und der modernen Sport- und Fitness-Medizin. Ihm verdanken wir die neuartige Idee der „Medico-mechanischen Therapie“. Als 1892 sein Buch „Dr. G. Zanders medico-mechanische Gymnastik“ veröffentlicht wurde, war dies der Auftakt, Zander-Institute auf der ganzen Welt zu gründen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland 79 Zanderinstitute, in denen Patienten mit den neuen Trainingsgeräten behandelt wurden. Inzwischen war die Heilgymnastik für gut situierte Bürger so in Mode gekommen, dass man bereits „zandern“ als Verb benutzte. Der Duisburger Arzt Ferdinand Schultze war von der Methode überzeugt und in den Adressbüchern erscheint sein medico-mechanisches Zanderinstitut von 1900-1905 auf der Kremerstraße 34. Ab 1906 bot Schultze seine Therapie in den Räumen des Vincenz-Hospitals an.

Während und nach dem Ersten Weltkrieg war die Therapie für Kriegsbeschädigte eine wichtige Methode zur medizinischen Rehabilitation. Zander genoss als Begründer der Heilgymnastik bei Medizinern, Physiotherapeuten und Kriegsbeschädigten höchste Anerkennung und Wertschätzung.

In den 20er und 30er Jahren etablierten sich vielfältige Varianten des Muskelkratfttrainings. Das Bodybuilding und die Entstehung von weiteren kommerziellen „Gyms“ (Fitnessstudios) erlebten in den USA einen Aufschwung. Im krisengeschüttelten Deutschland führte es dagegen nur ein Nischendasein und war den wenigsten Duisburgern bekannt. In den USA setzte aufbauend auf die Zander-Maschinen in den 20er und 30er Jahren eine Weiterentwicklung der Trainingsgeräte ein.  Dazu gehörten Rudergeräte, Laufbänder und Vibrationsgeräte.  Auch die Sportkleidung wurde luftiger und modischer.

Sport und Krafttraining wurde in der NS-Zeit politisch instrumentalisiert. Leni Riefenstahl zeigte anlässlich der Olympiade Bilder von muskulösen Athleten, die an Posen antiker Statuen erinnerten. Der NS-Körperkult und Vorbehalte gegenüber „arischen Muskelmenschen“ waren vermutlich auch Ursachen dafür, dass nach dem Zweiten Weltkrieg – im Gegensatz zum traditionellen Vereinssport - kommerzielle Fitness-Anbieter in Deutschland zunächst keine Rolle spielten. Hinzu kam die karge Nachkriegszeit und die „Fresswelle“ machte Leibesfülle zum Statussymbol, aber mit dem Übergewicht stiegen die Gesundheitsrisiken. Erst in den 60er und 70er erreichte die Fitness-Welle verzögert Duisburg.

Das Kieser Training steht seit über 50 Jahren für gesundheitsorientiertes Krafttraining. In Duisburg befindet sich eins der 115 Kieser Training-Studios in Deutschland. Kiesers Markenname wurde zum Synonym für das Rückentraining. Den Gegenkonzept bildeten in den achtziger Jahren dank Arnold Schwarzenegger die Body-Building-Studios. Das „Pallas“ in Neudorf, eine der ersten Muckibuden in Duisburg,  erkannte den Trend bereits vor 46 Jahren. In den 80er Jahren schwappte eine von Frauen getragene große Fitness-Welle von den USA nach Europa. Jane Fonda und Sydne Rome machten Aerobic populär. Der Fitness-Boom hält bis heute an – wohl ganz im Sinne von Gustav Zander, der mehr als jeder andere dazu beigetragen hat, die heilgymnastische Methode zu etablieren. Etwa 40 Fitnessstudios mit unterschiedlichen Methoden gibt es heute in Duisburg. Das Marktpotenzial ist groß und wächst – Duisburg liegt bei den Übergewichtigen in NRW an erster Stelle.

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