Moschee wird zehn Jahre alt Das Wunder von Marxloh wirkt noch

Duisburg · Es herrschte eine ausgelassene Stimmung wie auf einem Volksfest, als auf den Tag genau vor zehn Jahren die Ditib-Merkez-Moschee in Marxloh eingeweiht wurde. Der gute Ruf von einst, ist noch nicht verhallt – trotz allem.

Das ist die Merkez-Moschee in Duisburg
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Das ist die Merkez-Moschee in Duisburg

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Foto: dpa/Marcel Kusch

In Duisburg hatte man es richtig gemacht, jedenfalls viel besser als in Köln, wo der Bau einer Großmoschee von Protesten, Argwohn und Hetze begleitet wurde. Die Einweihung der Ditib-Markez-Moschee in Marxloh, auf den Tag genau heute vor zehn Jahren, war ein positives Ereignis mit Symbolcharakter für ein gelungenes Miteinander von Deutschen und Türken, Muslimen und Nicht-Muslimen.

Der Bericht über die Einweihung, der am 27. Oktober 2008 in der Rheinischen Post stand, hatte die Überschrift, die schon bald der Beinahme für die Moschee wurde, die vor zehn Jahren die größte in Deutschland war: „Das Wunder von Marxloh.“

 Die Moscheegemeinde ist auch heute noch gut in der Zivilgesellschaft verankert.

Die Moscheegemeinde ist auch heute noch gut in der Zivilgesellschaft verankert.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Der RP-Bericht gibt die Stimmung von damals wieder: Auf dem Vorplatz begrüßen junge Türken Gemeindemitglieder und Besucher mit knallgelben Schildern. „Willkommen in Marxloh“ steht darauf. Im großen Festzelt auf dem Parkplatz vor der Moschee herrscht bunte Betriebsamkeit. Aus ganz Deutschland sind Journalisten angereist, die sich mit Kamera, Mikrofon oder mit Block und Stift auf Stimmenfang durch die Menge wühlen.Wer keinen Platz im Festzelt findet, verfolgt auf dem gegenüberliegenden freien Grundstück die Eröffnungsfeier auf einer Videoleinwand:“

Unter den Gästen von damals waren Armin Laschet, im Jahr 2008 noch Integrationsminister, Cem Özdemir von den Grünen, Bischof Felix Genn, der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider und der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde in Duisburg, Michael Rubinstein. Die Gästeliste galt schon am Eröffnungstag als Zeichen dafür, dass unterschiedliche Kulturen und Religionen nicht konfliktbehaftet sein müssen.

Und wie erscheint heute das einstige „Wunder von Marxloh“? Geht es in Duisburg mit den aktuellen Umwälzungen in der Türkei nun so zu wie bei der kritisierten Ditib-Schwester in Köln? Die Islam-Dachorganisation Ditib in Köln steht immer wieder unter Beschuss. Gerade empörte es viele, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Ditib-Zentralmoschee in der Domstadt eröffnete. In Marxloh läuft es bei einer der mitgliederstärksten Ditib-Gemeinden hierzulande dagegen noch ziemlich reibungs- und geräuschlos. Noch immer kann man in Marxloh davon zehren, dass Planung und Bau zügig und ohne Streit über die Bühne gingen. Dennoch hat sich die Atmosphäre verändert: „Früher hat es niemanden gestört, dass die Imame aus der Türkei nach Deutschland kamen. Heute werden wir plötzlich gefragt: Schreibt Euch Erdogan die Freitagspredigten?“, sagt Sozialpädagogin Hülya Ceylan. Es werde viel pauschalisiert, moniert Ceylan, in Moschee und Begegnungsstätte für die Dialog- und Bildungsarbeit zuständig. „Wir sind eine Moscheegemeinde für die Duisburger. Wir werden nicht gesteuert, aber wir haben auch keinen Einfluss auf die türkische Politik.“ Die Arbeit habe sich inhaltlich nicht verändert, betont die Türkischstämmige mit deutschem Pass.

„Es gibt hier eine große Offenheit und Transparenz“, sagt der Duisburger Integrationsdezernent Ralf Krumpholz. Er befürchte keine Abschottung wie in Köln. Aber: „Die Situation ist schwieriger geworden seit den Veränderungen in der türkischen Politik.“ Konkreter? „Es gibt eine Tendenz, bestimmte Verhältnisse in der Türkei verteidigen zu müssen statt politische Fehlentwicklungen klar zu benennen“, etwa die Auflösung demokratischer Strukturen in der Türkei. Der Grünen-Politiker meint: „Es wäre eine Aufgabe der Ditib-Gemeinden in Duisburg, sich mehr aus den staatlichen Zusammenhängen mit der Türkei zu lösen, es sind deutsche Vereine.“

Hülya Ceylan meint: „Natürlich wünscht man sich Imame, die in Deutschland sozialisiert sind. Aber auch einer großen Moscheegemeinde fehlt es leider an Mitteln und Strukturen.“ Der Kontakt zu Bürgern, Stadt, den christlichen und der jüdischen Gemeinde werde weiter gepflegt. Tagtäglich gibt es Führungen für interessierte Bürger aus dem gesamten Bundesgebiet, für Schulen, Kitas, Reisegruppen, Bildungseinrichtungen.

„Jugendliche, die fest in einer Moscheegemeinde angedockt sind, geraten nicht so leicht in radikale Szenen“, sagt Ceylan mit Blick auf die wachsende islamistische Radikalisierung junger Muslime. Es fehlten aber für eine umfassende Präventionsarbeit bundesweit Strukturen und Mittel.

Tjimen Aukes, evangelischer Pfarrer, der in Duisburg das Referat für interreligiösen und interkulturellen Dialog leitet, meint, dass die Marxloher Moschee vergleichsweise gut in der Zivilgesellschaft verankert ist, jedenfalls besser, als man es in Hinblick auf die zurzeit spannungsgeladene politische Beziehung zwischen Deutschland und Türkei erwarten könnte. Auf Verbesserungen hofft Aukes, der selber einen niederländischen Pass hat, dennoch. Dazu gehört beispielsweise, dass der Beirat, dem auch Vertreter der Kommunalpolitik, der Stadtverwaltung und der Kirchen angehören, endlich mal wieder zusammenkommt - nach vier Jahren. (Mit Material der dpa.)

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